2025-07-12 04:30:00
Fanny Ardant beauftragt Hure Emmanuelle Béart, ihren Mann Gérard Depardieu zu verführen. Eine Nachricht auf dem Handy verrät es: Karrieremann Bernard (Gérard Depardieu) geht ab und an fremd. Ehefrau Catherine (Fanny Ardant) ist schockiert, Bernards Liebesschwüren mag sie nicht glauben. Stattdessen will die Gynäkologin mehr über seine Geheimnisse wissen. Sie bezahlt die Edelhure Marlène (Emmanuelle Béart) dafür, dass sie unter dem Namen „Nathalie“ eine Affäre mit Bernard beginnt. Catherine will dann en détail davon erfahren. Bald lauscht sie mit einer Mischung aus Ekel und Lüsternheit den obszönen Erzählungen „Nathalies“. Dabei entwickelt sich zwischen den Frauen eine seltsame Freundschaft… Schöne Französinnen, die über Sex reden, von dem es fast nichts zu sehen gibt: In samtigen Farbtönen inszenierte Anne Fontaine („Eine saubere Affäre“) den ultimativen feuchten Traum für Verbalerotiker.
2025-07-12 06:15:00
Louis de Funès hat seine ganzen Ersparnisse verloren. Mit Spaten und Brechstange buddelt er sich einen Weg in die Bank. Brav hat Geschäftsmann Victor Garnier (Louis de Funès) jeden überzähligen Franc auf die hohe Kante gelegt. Alle Ersparnisse liegen nun auf der Bank gegenüber. Bis die Familie durch einen windigen Anlagetip des Direktors an den finanziellen Abgrund gerät. Grrr! Die Garniers stecken die Köpfe zusammen. Kurz darauf sieht man Victor nebst Gattin und Kindern das Bankgebäude ausspionieren. Nach genauer (Fehl-)Planung setzt Papa im Kohlenkeller den ersten Spatenstich zu einem ambitionierten Tunnelprojekt… Der Titel ist ein Trick: Der Spaß entstand, lang bevor der französische Komiker auch hierzulande als „Balduin“ bekannt wurde. Anders als in seinen „Giftzwerg“-Possen, stehen de Funès hier allerdings willige Mitstreiter zur Seite.
2025-07-12 07:45:00
Ein Gourmet-Koch und eine Kosmetikerin stranden am Flughafen und philosophieren über Liebe, Essen und das Leben. Komödie mit Juliette Binoche und Jean Reno. Streik und Nebel haben den Betrieb am Flughafen Charles de Gaulle lahmgelegt. Mitten im Chaos trifft der übellaunige Starkoch Félix (Jean Reno) auf die Kosmetikerin Rose (Juliette Binoche). Erst geraten sie verbal aneinander, dann in das gleiche Hotelzimmer. In der Nacht wird geredet und gezankt: Über gutes Essen, gescheiterte Beziehungen und Lebensträume. Spät merkt Félix, wie nahe sie sich stehen… Zwei Stars des französischen Kinos, bissige Dialoge – leider verliert die heitere Romanze im letzten Drittel schwer an Fahrt.
2025-07-12 09:10:00
Schauspieler Gilles Lellouche („Das Leben ist ein Fest“) schildert die Lebenskrisen von Männern, die sich im Wasser neu erfinden. Bertrand ist bereits seit zwei Jahren krankgeschrieben, denn er leidet an Depressionen. In seiner Familie können die einen damit umgehen, die anderen halten ihn für einen Schwächling. Als er plötzlich einer Anzeige in einem Schwimmbad über den Weg läuft, ändert sich alles: Es werden neue Mitglieder für eine Synchronschwimmgruppe gesucht. Und diese besteht nur aus Männern. Er lässt sich darauf ein und trifft auf eine Gruppe, in der jeder so seine eigenen Probleme hat... Auf den ersten Blick unterscheidet sich die jüngste Regiearbeit des französischen Schauspielers Gilles Lellouche („Der Unbestechliche – Mörderisches Marseille“) kaum von vergleichbaren Filmen wie „Männer im Wasser“ (2009) oder „Swimming with Men“ (2018). Ein Eindruck, der täuscht. Denn „Ein Becken voller Männer“ schafft, was nur wenigen Filmen gelingt: Er verbindet Situationskomik und Wortwitz mit Wahrhaftigkeit und Mitgefühl. Dabei überzeugt vor allem Mathieu Amalric („Schmetterling und Taucherglocke“) als arbeitsloser, depressiver Familienvater.
2025-07-12 11:10:00
Gilbert (Johnny Depp) denkt immer nur an die anderen - vor allem an seinen geistig behinderten Bruder (Leonardo DiCaprio). Sensibles Porträt und Drama. Gilbert Grapes Heimat ist das Provinznest Endora. Irgendwo in Iowa gelegen, erscheint ihm diese Welt „wie tanzen ohne Musik“. Sein Vater hat sich vor 16 Jahren erhängt, seine Mutter Bonnie flüchtete in die Fettsucht. Mit 500 Pfund ist sie unbeweglich wie ein gestrandeter Wal. So liegt die Verantwortung für seine drei Geschwister ganz auf seinen Schultern. Immer ist es Gilbert (der auf Außenseiterrollen spezialisierte Johnny Depp), der seinen geistig behinderten Bruder (Oscar-Nominierung für Leonardo DiCaprio) retten muss, wenn der wieder auf den Wasserturm geklettert ist. Und immer wieder ist es Gilbert, der die Ruhe bewahrt, seine Botengänge für den Laden erledigt, und die Affäre mit der verheirateten Betty (Mary Steenburgen) geheim hält. Erst als Gilbert Becky (Juliette Lewis) kennenlernt, die mit ihrer Großmutter auf der Durchreise ist, entdeckt er sein Recht auf ein eigenes Leben und einen Teil vom Glück. Lasse Hallström (Golden Globe für „Mein Leben als Hund“) bringt das Kunststück fertig, für seine tragischen Charaktere (aus dem Roman von Peter Hedges) echte Sympathie statt Mitleid zu wecken.
2025-07-12 13:05:00
Der etwas andere Sportfilm: Ende der 50er will eine Französin Schreibmaschinentippweltmeisterin werden. Rose (Déborah François) will nicht im Krämerladen von Papa versauern, den Metzgersohn von nebenan will sie erst recht nicht heiraten. Wie alle Mädchen will sie Sekretärin werden: für wichtige Männer arbeiten und in der Welt herumkommen. Sie bewirbt sich bei Louis Echard („Auftragslover“ Romain Duris). Der ebenso galante wie arrogante Versicherungsvertreter erkennt in der etwas tollpatschigen Rose sofort einen zukünftigen Champion, denn sie ist schnell, stark und hoch konzentriert – allerdings nur beim fehlerfreien Tippen auf der Maschine. Er trainiert sie in seinem Haus im Zehnfingerblindsystem für die Meisterschaften im Maschineschnellschreiben – bis die Fetzen fliegen… Dass beide füreinander bestimmt sind, ist so schnell absehbar wie das Tempo, mit dem Rose in die Tasten haut. Aber die detailgetreue 50er-Ausstattung, die schicken Kostüme und Technicolorfarben sind eine Augenweide. Nicht verwunderlich, konnte Regis Roinsard für sein Regiedebüt auf einen Großteil des Teams eines anderen französischen Retro-Hits zurückgreifen, „The Artist“. Und Déborah François, die als „Mädchen, das die Seiten umblättert“ bekannt wurde, bezaubert wirklich rasend schnell.
2025-07-12 14:55:00
Jim Carrey gibt den Anarcho-Entertainer Andy Kaufman. Mal steht er wie ein Depp auf der Bühne, dann legt er eine astreine Elvis-Parodie hin. Wer Andy Kaufman (Jim Carrey) live erlebt, weiß nie, was ihn erwartet. Sein Agent (Danny DeVito) verschafft ihm eine Rolle in der Sitcom „Taxi“. Doch Andy improvisiert am Skript vorbei und macht die Produzenten kirre. Der Radikal-Humorist avanciert zum Star, der mit immer neuen Ideen die TV-Nation spaltet… Mit seinem Mozart-Porträt „Amadeus“ von 1984 nahm sich Milos Forman schon einmal ein chaotisches Genie vor – die Geschichte des Andy Kaufman (1949–1984) erzählt er gespickt mit kenntnisreichen Anekdoten und bizarren Performances. Sein Hauptdarsteller schlüpfte derart perfekt in die Rolle des Verwandlungskünstlers, dass der Regisseur am Set oft rätselte, wo denn nun der echte Carrey sei.
2025-07-12 16:50:00
Dass Bruce (Brit-Komiker Nick Frost) in früher Jugend ein begnadeter Salsatänzer war, ist für ihn selbst nur noch eine dunkle Erinnerung. Der übergewichtige Faltradfahrer ist vor allem damit beschäftigt, die abfälligen Bemerkungen seines gehässigen Kollegen Drew (Chris O’Dowd, der Manager der „Sapphires“) zu ignorieren. Insgeheim schwärmt Bruce für seine neue Chefin, doch die attraktive Amerikanerin Julia (Rashida Jones, „Celeste & Jesse“) erscheint unerreichbar – bis Bruce entdeckt, dass sie leidenschaftlich gern Salsa tanzt. Er beschließt, sein erloschenes Latinofieber neu zu entfachen… Viele Monate hat der Brite für seine Rolle trainiert und sich dabei gefühlt „wie ein Schimpanse, der auf eine Torte eindrischt“. Doch die Strapazen haben sich gelohnt: James Griffiths’ Kinodebüt ist keine Parodie, sondern ein Film, der seine Figuren auf humorvolle Weise ernst nimmt. Und Nick Frost („Hot Fuzz“) hat den Rhythmus wirklich im Blut.
2025-07-12 18:25:00
Die letzte Folge des Vierteilers nach dem Bestseller von Ken Follett. Jack (Eddie Redmayne) arbeitet in Frankreich an der Kathedrale von Saint-Denis mit. Hier finden ihn Aliena (Hayley Atwell) und der gemeinsame Sohn wieder. Jack kehrt mit seiner Familie nach Kingsbridge zurück, um dort die Kathedrale weiterzubauen. Und weil er auch eine Reliquie mitbringt, ziehen wieder zahlende Pilger zum Gotteshaus – zur Freude von Philip (Matthew Macfadyen), aber zum Leidwesen von Bischof Waleran und Lady Hamleigh. Sie beschließen: Jack soll bei der Zerstörung von Kingsbridge sterben… Die Intriganten und Mörder erhalten endlich ihren gerechten Lohn, die Kirche ihre Glasfenster, der Held das Mädchen und Ken-Follett-Fans eine Verschnaufpause.
2025-07-12 20:15:00
Unfall oder Mord? Ein verkniffener Polizei-Pedant (Simon Pegg) glaubt als Einziger an einen Killer. Weil Supercop Nicholas Angel (Simon Pegg) mit seiner Verhaftungsquote die Kollegen alt aussehen lässt, wird er ins ländlich-idyllische Sandford strafversetzt. Das Kaff gilt als sicherster Ort Englands – bis es plötzlich zu mysteriösen Todesfällen kommt. Alles tragische Unfälle, meinen die Dörfler (u. a. Timothy Dalton). Doch Nicholas glaubt an eine Mordserie und beginnt, mit Partner Danny (Nick Frost) zu ermitteln… Der irre Mix aus US-Action und schwarzem Brit-Humor beginnt als biedere Posse aus der Provinz, in der Alkoholausschank an Minderjährige das größte Problem zu sein scheint. Aber dann sterben Menschen – und das so bluttriefend wie sonst nur in Splatterfilmen. Die Inszenierung hat offenbar Spaß daran, uns vor den Kopf zu stoßen. Und das scheint auch Jim Broadbent, Cate Blanchett und Regisseur Peter Jackson (alle in Gastrollen) gefallen zu haben. Simon Pegg und Regisseur Edgar Wright sehen den Film als Mittelteil ihrer „Blood and Ice Cream“-Trilogie, die mit „Shaun of the Dead“ begann und mit „World’s End“ abschließt.
2025-07-12 22:15:00
Killerdrama von Wong Kar-Wai. Präzise und ungerührt erledigt Profikiller Wong (Leon Lai Ming) seinen blutigen Job. Eine Agentin (Michelle Reis) bucht die „Termine“, kümmert sich um seine Wohnung und reinigt seine „Arbeitsplätze“. Insgeheim ist sie Wong in verliebt, doch der läßt sich lieber auf eine Affäre mit der flippigen Punkie (Karen Mok) ein und schickt seiner Agentin einen Abschiedsgruß per Jukebox. Zutiefst gedemütigt besorgt sie ihm einen letzten Auftrag und bestellt dabei schon seine Todesanzeige… Wie in „Chungking Express“ hetzt Kameramann Christopher Doyle durch eine Flut schreiend bunter, verstörender Bilder, die so irrlichternd sind wie die Neonreklamen im nächtlichen Hongkong.
2025-07-12 23:55:00
Horrorparodie. Psycho-Hinterwäldler machen Jagd auf eine Horde Collegestudenten – oder etwa nicht. Dumpfe Rednecks metzeln junge Städter nieder, die auf Ferientrip in ihr Revier eingedrungen sind – das ganze Genre der „Backwoods Slasher“ funktioniert in etwa so. Tucker (Alan Tudyk) und Dale (Tyler Labine) sind auch solche seltsamen Landeier, ein bisschen schlicht, äußerlich nicht sehr ansprechend – aber total nett! Nur leider ahnen die Studenten, denen sie an der Tanke aufgefallen sind, nichts davon: Sie halten die zwei für Psychos. Als Tucker, Dale und die Clique am gleichen Waldsee ausspannen, gibt’s Missverständnisse… Wie jede gute Parodie nimmt die Low-Budget-Produktion das Genre ernst, ist also garstig und splatterig, wenn’s ans Sterben geht. Die Titelhelden sind klasse, rabenschwarzer Spaß ist garantiert – auch wenn der letzte Akt und die Synchro schwächeln.
2025-07-13 01:25:00
Ex-Knacki Al Pacino will raus aus dem Milieu. Gangsterballade von Brian De Palma. „Euer Ehren, meine wilde Zeit ist für immer vorbei!“ Carlito Brigante (Al Pacino), puertoricanischer Ex-Drogendealer, beschwört das Berufungsgericht mit einem innigen Plädoyer. Laufen gelassen wird er zwar nur wegen eines Verfahrensfehlers, aber mit der Bürgerlichkeit meint er es ernst. Carlito übernimmt den Geschäftsführerposten eines Nachtclubs, der Laden brummt, und dann erobert er sogar das Herz von Gail (Penelope Ann Miller). Nur: Sein Jugendfreund Kleinfeld (Sean Penn) sitzt in der Scheiße. Der Advokat hat die Kohle eines Mafia-Bosses unterschlagen. Und Carlito schuldet ihm noch einen Gefallen… Regisseur Brian De Palma („Dressed to Kill“) verblüfft wie in seinen früheren Werken mit einem fulminanten Showdown: „Gewalt soll in die Eingeweide gehen und die Zuschauer wie einen Schlag treffen“, so der Filmemacher zu seiner Vorstellung von Action.
2025-07-13 03:45:00
Ölmilliardär (Burt Lancaster) setzt sich in den Highlands in die Nesseln. Komödie von ’83. Dort, wo Schottland am schönsten ist, will der texanische Ölbaron Happer (Burt Lancaster) eine Raffinerie errichten. Da sein Manager MacIntyre (Peter Riegert) schottische Vorfahren hat, soll er ins Fischerdorf Ferness reisen und alles kaufen, was nicht niet- und nagelfest ist. Zu seiner Überraschung wird MacIntyre mit offenen Armen empfangen. Die „Ureinwohner“ benehmen sich zwar etwas seltsam. Aber wie sich schon bald herausstellt, sind sie nicht von gestern… Dem Schotten Bill Forsyth gelang ein witziges Öko-Märchen über großes Geld und kleine Leute – eine Liebeserklärung an seine Heimat, die das Klischee vom tumben Provinzler aushebelt. Mitverantwortlich für den Erfolg des Filmes war die Musik von Mark Knopfler (Ex-„Dire Straights“) und die herrliche Fotografie von Chris Menges („Tagebuch eines Skandals“).
2025-07-13 05:35:00
Gilbert (Johnny Depp) denkt immer nur an die anderen - vor allem an seinen geistig behinderten Bruder (Leonardo DiCaprio). Sensibles Porträt und Drama. Gilbert Grapes Heimat ist das Provinznest Endora. Irgendwo in Iowa gelegen, erscheint ihm diese Welt „wie tanzen ohne Musik“. Sein Vater hat sich vor 16 Jahren erhängt, seine Mutter Bonnie flüchtete in die Fettsucht. Mit 500 Pfund ist sie unbeweglich wie ein gestrandeter Wal. So liegt die Verantwortung für seine drei Geschwister ganz auf seinen Schultern. Immer ist es Gilbert (der auf Außenseiterrollen spezialisierte Johnny Depp), der seinen geistig behinderten Bruder (Oscar-Nominierung für Leonardo DiCaprio) retten muss, wenn der wieder auf den Wasserturm geklettert ist. Und immer wieder ist es Gilbert, der die Ruhe bewahrt, seine Botengänge für den Laden erledigt, und die Affäre mit der verheirateten Betty (Mary Steenburgen) geheim hält. Erst als Gilbert Becky (Juliette Lewis) kennenlernt, die mit ihrer Großmutter auf der Durchreise ist, entdeckt er sein Recht auf ein eigenes Leben und einen Teil vom Glück. Lasse Hallström (Golden Globe für „Mein Leben als Hund“) bringt das Kunststück fertig, für seine tragischen Charaktere (aus dem Roman von Peter Hedges) echte Sympathie statt Mitleid zu wecken.
2025-07-13 07:30:00
Komödie von, aber ohne Woody Allen, der hier mal wieder in seiner Heimat New York drehte. „Das wird nicht der Wohlfühlfilm des Jahres!“, verrät Boris Yellnikoff (Larry David, „Lass es, Larry!“) dem Zuschauer zu Beginn. Wie auch. Der Typ ist ein mies gelaunter Misanthrop, der fast mal den Physik-Nobelpreis bekommen hätte und nun, nach einem erfolglosen Selbstmordversuch, „unterbelichteten Mikroben“ das Schachspiel lehrt. Er lebt in einer Hinterhofwohnung in Manhattan, wo ihm eines Tages die junge Ausreißerin Melody (Evan Rachel Wood, „The Wrestler“) über den Weg läuft. Die könnte seine Tochter sein, ist hoffnungslos naiv – und himmelt den Zyniker bald an… Formal schlicht, aber als pointierte Komödie mit bissigem Dialogwitz ein großer Spaß. Allen, der das Skript schon in den 70ern schrieb, sieht Boris übrigens nicht als Misanthropen, sondern als Realisten.
2025-07-13 09:00:00
Sportdoku über die kurze Karriere des legendären brasilianischen Formel-1-Weltmeisters Ayrton Senna (1960–94). Kein Freund des Rennsports? Egal, diese irre effizient erzählte, vielfach preisgekrönte Doku wird Sie dennoch packen – und das soll sie auch: Sechs Jahre montierte der Brite Asif Kapadia – unterstützt von Sennas Familie – aus Archivschnipseln, Rennszenen und Kommentaren der Weggefährten diese rasante (Sport-)Biografie des brasilianischen Volkshelden, der so etwas wie der letzte genialische Star der Formel 1 war. Die Rivalität des gläubigen, bescheidenen, aber auch vom Rennsport besessenen Fahrers mit seinem Teamkollegen Alain Prost steht dabei im Mittelpunkt. Leider endete sein Leben in der Leitplanke: Senna verunglückte am 1. Mai 1994 beim Großen Preis von San Marino tödlich.
2025-07-13 10:45:00
Nicht nur in der „Matrix“ ist Keanu Reeves göttlich. In diesem Epos gibt er den Buddha. Ist der neunjährige Jesse aus Seattle ein wiedergeborener tibetischer Heiliger? Jesses Eltern (Bridget Fonda, Chris Isaak) schütteln nur den Kopf, doch Lama Norbu glaubt daran. Bevor er mit Jesse nach Tibet geht, schenkt er ihm zur Vorbereitung ein Buch. Es zeigt das Leben des Prinzen Siddharta (Keanu Reeves): Als der verwöhnte Knabe seinen Palast verlässt und das Leid der Welt sieht, bricht er mit seinem Leben und entwickelt sich langsam zum erleuchteten Religionsstifter Buddha… In prächtigen Bildern erzählt Regisseur Bernardo Bertolucci („Der letzte Kaiser“) vom märchenhaften Ursprung des Buddhismus. Mit seinem Kunstgriff, die Geschichte Buddhas mit der des kleinen Jesse zu verknüpfen, ermöglicht er auch „Unwissenden“ ein leichteres Verstehen der exotischen Religion. Selbst der Dalai Lama war von dem Film sehr angetan.
2025-07-13 13:05:00
Frankreichs größtes Diven-Treffen: Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Fanny Ardant & Co. klären einen Mord. Krimikomödie mit Musicalszenen. Acht Frauen und ein Mann in einem eingeschneiten Landhaus - das kann nicht gut gehen. Und tatsächlich, Patriarch Marcel liegt tot in seinem Bett. Den Dolch in seinem Rücken kann nur eine der anwesenden Damen dort platziert haben. Weil die Polizei nicht zu erreichen ist, spielt das hysterische Frauen-Oktett nun selbst Detektiv… Er hätte Meg Ryan und Julia Roberts erwürgen können. Denn Regisseur François Ozon („5 x 2“) wollte unbedingt George Cukors Klassiker „Die Frauen“ (1939) neu verfilmen. Aber die Remake-Rechte liegen bei den Hollywood-Aktricen. Also wählte Ozon ein 50er-Jahre-Theaterstück von Robert Thomas mit ebenfalls rein weiblicher Besetzung. Seine Darstellerinnen (u. a. auch Emmanuelle Béart und „Swimming Pool“-Star Ludivine Sagnier) danken es ihm mit viel Spielfreude, Selbstironie und Gesang! Dafür gab’s auf der Berlinale 2002 den Ensemble-Preis.
2025-07-13 14:55:00
Eine Gegnerin und eine Befürworterin der Todesstrafe verlieben sich ineinander.. Die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Lucy (Elliot Page) reist mit ihrer älteren Schwester Martha (Amy Seimetz) und ihrem kleinen Bruder Ben quer durch die Vereinigten Staaten, um gegen die Hinrichtung von Häftlingen zu protestieren. Auf einer Demonstration lernt sie eines Tages die etwa gleichaltrige Mercy (Kate Mara) kennen, die sich für die Organisation der Hinterbliebenen von Mordopfern engagiert. Obwohl die beiden Frauen zu unterschiedlichen politischen Lagern gehören, verlieben sie sich ineinander. Dass Lucy und ihre Geschwister die Todesstrafe ablehnen, hat auch persönliche Gründe: Ihr Vater (Elias Koteas) sitzt in der Todeszelle, weil er seine Frau mit einem Messer getötet haben soll. Die dritte Regiearbeit von Tali Shalom-Ezer, deren Filme („Princess“, „Surrogate“) bei uns bislang nicht ins Kino kamen, ist kein wütendes Pamphlet gegen die Todesstrafe. Den ideologischen Streit zwischen Gegnern und Befürwortern schildert sie eher beiläufig und unaufgeregt. Der leise inszenierte Film beeindruckt durch seine einfühlsame und gegen Ende erstaunlich kompromisslose Erzählweise.
2025-07-13 16:40:00
Krimidrama mit Daniel Auteuil und Catherine Deneuve. Bulle Alex (Daniel Auteuil) landet mit der jungen Diebin Juliette (Laurence Côte) im Bett. Später erfährt er, dass sie mit der Professorin Marie (Catherine Deneuve) liiert ist. Damit nicht genug: Sie schläft auch mit Alex kriminellem Bruder Ivan. Als der ermordet wird, verschwindet Juliette spurlos… André Techiné („Ich küsse nicht“) erzählt den erotischen Krimi als komplexe, kühle Großstadtballade.
2025-07-13 18:35:00
Verloren in der Wüste… Zweipersonenstück von Independent-Filmer Gus Van Sant. Samuel Beckett lässt grüßen: Zwei Typen, die beide Gerry heißen (Matt Damon und Casey Affleck), wandern ohne Plan und Ziel durch die Wüste – und verlaufen sich. Anfangs scherzen sie noch, doch dann wird ihnen der Ernst der Lage bewusst… Mit diesem, an absurdes Theater erinnernden Antiplot meldet sich Regisseur Gus Van Sant („Drugstore Cowboy“) wieder als Abweichler vom glatten US-Mainstream zu Wort. Wer geglaubt hatte, Van Sant habe mit „Good Will Hunting“ und „Finding Forrester“ seinen Frieden mit Hollywood geschlossen, sieht sich nun angenehm überrascht. Die meiste Zeit passiert praktisch nichts. Die Helden reden wenig, der Tag vergeht, und die Nacht bricht an.
2025-07-13 20:15:00
Ein abgebranntes Pärchen geht auf Mördertour. Die sexbesessene Teilzeithure Liza (AnnaLynne McCord, „Excision“) und Gelegenheitsjobber Chip (Matthew Gray Gubler) hausen in einem schmuddeligen Trailerpark. Als Liza von ihrem perversen Bruder zwei Knarren abstaubt, erwacht ihre kriminelle Energie. Zuerst soll Lizas Sugardaddy ausgeraubt werden, denn der hat 68 000 Dollar im Safe. Chip zögert überfordert, doch die heiße Liza hat einen todsicheren Plan… Ein wenig schlaues Pärchen fasst einen oberschlauen Plan – was soll schiefgehen? Gewiefte Filmgucker ahnen: so gut wie alles! Die wilde Flucht türmt ein blutiges Desaster aufs nächste und versucht erst gar nicht, intellektuell auf dicke Hose zu machen. Böser Spaß mit Sheila Vand („A Girl Walks Home Alone at Night“) und Alisha Boe („Tote Mädchen lügen nicht“).
2025-07-13 21:50:00
Liebestragödie von „Dancer in the Dark“-Regisseur Lars von Trier. Bess (Emily Watson) ist schüchtern und naiv, gilt in ihrem schottischen Heimatdorf aber trotzdem als Rebellin. Mögen die strenggläubigen Patriarchen ihrer Gemeinde auch die Stirn runzeln: Bess setzt sich durch und heiratet den dänischen Ölarbeiter Jan (Stellan Skarsgård). Das Eheglück währt nur kurz: Auf der Bohrinsel geschieht ein Unfall. Fast völlig gelähmt, siecht Jan dahin. Er verlangt von Bess, mit anderen Männern zu schlafen und ihm davon zu erzählen. Sie folgt dem fatalen Wunsch… Handkamerabilder, natürliche Lichtgebung und die brillante Emily Watson verleihen dem Film quälende Authentizität. 1996 erhielt Lars von Trier dafür den Großen Preis der Jury von Cannes.
2025-07-14 00:25:00
Psychothriller, der sehr locker auf dem verbotenen 80er-Trashschocker „Muttertag“ basiert. Die durchgeknallten Brüder Ike, Addley und Johnny fliehen nach einem missglückten Bankraub in ihr Elternhaus. Leider wussten sie nicht, dass es kürzlich zwangsversteigert wurde und nun dem Ehepaar Beth und Daniel gehört. Die feiern gerade eine Party, als das mörderische Trio über sie hereinbricht. Bald stößt auch noch deren ebenso irre Mutter (Rebecca De Mornay) dazu… Regisseur Bousman spult einen blutigen, leichenreichen Psychopathenhorror ab, angereichert mit sadistischen Entscheidungsspielchen, die er schon in „Saw II–IV“ zelebrieren durfte.
2025-07-14 02:15:00
Horrorhit aus Japan und Vorlage für die US-Remakes mit Naomi Watts. Zwei Teenager werden mit angstverzerrtem Gesicht tot aufgefunden. Ein weiteres Mädchen und die Nichte der Reporterin Reiko Asakawa (Nanako Matsushima) sterben unter ungeklärten Umständen. Bald ist klar: Die Jugendlichen hatten ein mysteriöses Video geguckt, eine Woche später waren alle tot. Kaum hat sich Reiko dem Tape ausgesetzt, klingelt das Telefon. Als sie abhebt, hört sie verstörende Geräusche und weiß: Sie hat noch sieben Tage zu leben! Mit Exmann Ryuji (Hiroyuki Sanada) will Reiko den Fluch brechen – doch die Zeit wird immer knapper… Kaum ein Film prägte das Horrorgenre in den letzten Jahren so stark wie dieser minimalistische und dabei so effektvolle Gruselfilm. Zwei Fortsetzungen folgten und zwei US-Remakes.
2025-07-14 03:50:00
Amanda Seyfried zieht Julianne Moore und Liam Neeson in ein Verwirrspiel. Der Orgasmus ist für Catherine (Moore) kein großes Geheimnis. Im Grunde gehe es dabei doch nur um die Kontraktion von Muskeln. Dass die Wahrheit wesentlich komplizierter sein könnte, ahnt die erfolgreiche Gynäkologin, als sie auf dem Handy ihres Mannes David (Neeson) eine zweideutige SMS entdeckt. Catherine engagiert ein Callgirl, um Davids Treue zu testen. Als die junge Chloe (Seyfried) ihr von den romantischen Treffen erzählt, spürt Catherine plötzlich eine Erregung, die sie in ihrem zunehmend unterkühlten Eheleben lange vermisst hat. Von ihren Fantasien überwältigt, droht sie die Kontrolle über das riskante Spiel zu verlieren… „Chloe“ basiert auf dem französischen Film „Nathalie“ (2004) mit Fanny Ardant, Gérard Depardieu und Emmanuelle Béart. Atom Egoyan („Exotica“) folgt zwar den inhaltlichen Vorgaben des Originals, doch fällt sein Remake wesentlich raffinierter und subtiler aus. Lediglich das Finale fühlt sich allzu sehr den Konventionen des Hollywood-Thrillerkinos verpflichtet.
2025-07-14 05:25:00
Killerdrama von Wong Kar-Wai. Präzise und ungerührt erledigt Profikiller Wong (Leon Lai Ming) seinen blutigen Job. Eine Agentin (Michelle Reis) bucht die „Termine“, kümmert sich um seine Wohnung und reinigt seine „Arbeitsplätze“. Insgeheim ist sie Wong in verliebt, doch der läßt sich lieber auf eine Affäre mit der flippigen Punkie (Karen Mok) ein und schickt seiner Agentin einen Abschiedsgruß per Jukebox. Zutiefst gedemütigt besorgt sie ihm einen letzten Auftrag und bestellt dabei schon seine Todesanzeige… Wie in „Chungking Express“ hetzt Kameramann Christopher Doyle durch eine Flut schreiend bunter, verstörender Bilder, die so irrlichternd sind wie die Neonreklamen im nächtlichen Hongkong.
2025-07-14 07:05:00
Unternehmer Louis de Funés und zwei Anhalter geraten in eine brenzlige Lage. Die Komödie beruht angeblich auf einer wahren Begebenheit. Auf dem Weg nach Hause nimmt Henri (Louis de Funès) zwei Anhalter (Sohn Olivier de Funès, Geraldine Chaplin) mit. Als der Industrielle von der Straße abkommt, rettet ihn ein Baum vor dem Abgrund. Nun sitzen der arrogante Henri und die genervten Beifahrer über einer Steilküste in dem gefährlich schwankenden Fahrzeug fest… Zappelphilipp de Funès muss stillsitzen: Diese schlaue Ausgangsidee sorgt für köstliche Gags.
2025-07-14 08:30:00
Ein Swimmingpool unter südlicher Sonne wird zum Schauplatz eines Psychokriegs um dunkle Begierden und den Rausch der sexuellen Anziehung. Vier Menschen liegen am Pool, die Sonne steht hoch am Himmel, doch die Urlaubsstimmung trügt. Unter der Oberfläche brodeln Konflikte um Liebe, Eifersucht und bösartige Machtspiele. Im Zentrum des Remakes von „Der Swimmingpool“ steht die Rocksängerin Marianne (Tilda Swinton), die ihre Stimme zu verlieren droht und nicht sprechen darf. Zusammen mit ihrem Freund Paul (Matthias Schoenaerts) will sie ein paar ruhige Tage genießen. Was durch das Auftauchen von Mariannes Exfreund Harry (Ralph Fiennes) durchkreuzt wird, der auch gleich seine Lolita-Tochter Penelope (Dakota Johnson) mitbringt, von der vorher keiner wusste. Schnell wird klar, dass Harry Marianne zurückerobern will. Der Krieg der Gefühle eskaliert. Schauplatz des Psychodramas ist eine kleine Insel vor Lampedusa, und gegen Ende werden auch Flüchtlinge erscheinen und dem Remake eine unerwartete, aktuelle Wendung verleihen. Der Film wird dominiert von Tilda Swinton, die zwar fast vollständig stumm bleibt, aber ihren Gefühlen mit den Mitteln der Körpersprache Ausdruck verleiht. An ihrer Seite verkörpert Ralph Fiennes einen narzisstischen Egomanen, der gern nackt in den Pool springt und auf Gefühle anderer keine Rücksicht nimmt. Ein stylisher Thriller, von dem eine unterkühlte Distanz ausgeht.
2025-07-14 10:30:00
Tilda Swinton setzt mit einer leidenschaftlichen Affäre ihr Luxusleben aufs Spiel. Durch die Villa der Familie Recchi in Mailand schwirrt das Personal. Hier wohnt Firmenerbe Tancredi (Pippo Delbono) mit seiner russischen Ehefrau Emma (Swinton). Ihre drei Kinder sind längst erwachsen, pflegen zu den Eltern aber ein inniges Verhältnis. Elisabetta (Alba Rohrwacher) hat ihrer Mutter gerade gebeichtet, dass sie lesbisch ist – Emma nimmt es gelassen. Die Söhne Edoardo (Flavio Parenti), genannt Edo, und Gianluca (Mattia Zaccaro) arbeiten im familieneigenen Textilkonzern. Da lernt Emma den Koch Antonio (Edoardo Gabbriellini) kennen, einen Freund von Edo. Er verführt sie erst mit erlesenen Speisen und dann in seinem Landhaus. Die Affäre hat dramatische Folgen… Wie Emma sich fast schlafwandlerisch durch einen Alltag aus Dinnerpartys und Besuchen ihrer Kinder bewegt und dann von der Leidenschaft hinweggefegt wird, hat Luca Guadagnino („Call Me by Your Name“) kunstvoll-betörend umgesetzt. Die Kamera von Yorick Le Saux setzt auffällige Lichtakzente (z. B. in der „Erweckungsszene“ im Restaurant), gleitet elegant durch Räume und über Objekte und inszeniert einen sexuellen Höhepunkt als meisterhafte Symphonie aus Licht, Musik (von John Adams) und Natursymbolik. Elf Jahre arbeiteten Guadagnino und Swinton an dem makellosen Film, der von der zerstörerischen Kraft der Liebe erzählt, aber auch dafür plädiert, eigene Grenzen zu überwinden.
2025-07-14 12:25:00
Jeanne Moreau spielt die Autorin Marguerite Duras. Sie ist die weltberühmte Schriftstellerin Marguerite Duras („Der Liebhaber“), er ein Niemand namens Yann Andréa. Er hat ihre Bücher verschlungen, seit fünf Jahren schreibt er ihr jeden Tag. Sie gestattet, dass er sie besucht. Und dann wird er der Sekretär der 60-Jährigen, ihre Muse, ihr Mülleimer: Die Alkoholikerin, die das Sonnenlicht meidet wie Nosferatu, ist ein schwieriger Charakter. Hin- und hergerissen zwischen Selbstzweifeln und Anmaßung bedenkt sie den jungen Mann mal mit Hohn, mal mit verqueren Liebesbeweisen. Eine Beziehung, die sechzehn Jahre dauern wird… Jeanne Moreau, die Säulenheilige des französischen Kinos („Jules und Jim“, „Die Braut trug Schwarz“), gibt eine facettenreiche Vorstellung. Dennoch bleibt das Kammerspiel blass wie Buchpapier. Zu viel erschöpft sich in Andeutungen und dunklen Sätzen.
2025-07-14 14:05:00
Teenagertragikomödie mit Susan Sarandon und ihrer Tochter Eva Amurri. Dorian (Anton Yelchin) ist Kiffer und Dope-Dealer aus gutem Hause. Grace (Amurri) leidet unter Geldmangel, weil ihre Mutter (Sarandon) alles für die Modelkarriere der kleinen Schwester ausgibt. In einem Freibad lernen sich die beiden kennen. Und prompt schlägt Dorian Grace vor, als seine Kurierfahrerin zu jobben… Trotz Klischees reißt der Film über die Tücken des Erwachsenwerdens mit.
2025-07-14 15:40:00
Eine junge Frau sucht ihre sexuelle Identität – mit der Goldenen Palme geehrt. Seit Adèle (Adèle Exarchopoulos) die blauhaarige Kunststudentin Emma (Léa Seydoux) gesehen hat, ist es um sie geschehen. In einer Lesbenbar treffen sie sich wieder, Adèle zieht bei Emma ein. Als Eifersucht und ein Seitensprung für das Ende der Beziehung sorgen, leidet Adèle… „Blau …“, gehörte 2013 zu den meistdiskutierten Filmen – wegen der expliziten Sexszenen und weil sich die Mitwirkenden klar gegen diejenigen positionierten, die damals auf Frankreichs Straßen gegen die Homoehe demonstrierten. Die Adaption der Graphic Novel von Julie Maroh ist eine intime Beziehungschronik, die Grenzen überschreitet und physisch und emotional ganz nah rangeht. Dank der umwerfend natürlichen Darstellerinnen entsteht eine intensive Seherfahrung.
2025-07-14 18:35:00
Großstadtdrama von Wong Kar-Wai („Fallen Angels“) über Liebesplagen in Hongkong. Mitten im Moloch Hong-kong steht das Chungking-Gebäude, ein riesiger Geschäfts- und Wohn-komplex mit Markthallen, Bars und Fastfood-Ständen. Hier verstricken sich die Polizisten 223 (Takeshi Kaneshiro) und 663 (Tony Leung Chiu-Wai) in Liebeskummer und Affären. Beide werden von ihren Freundinnen verlassen. Während sich 223 bald in eine Drogendealerin (Brigitte Lin) verliebt, ahnt 663 nicht, dass ihn die punkige Bedienung Faye (Faye Wong) anhimmelt… Kultregisseur Wong Kar-Wai gelingt eine brillante Einheit von Bild und Sinn. Schrille Perspektiven betonen die skurrilen Irrfahrten seiner Helden.
2025-07-14 20:15:00
Schachgenie Bobby Fischer (Tobey Maguire) tritt im Kalten Krieg gegen den Russen Boris Spasski an. Mit nur 14 wird Bobby Fischer zum jüngsten Großmeister in der Geschichte des Schachspiels. Anschließend verkündet das ehrgeizige Genie: „Ich will gegen die Russen spielen. Sie sind die Besten der Welt, und ich werde sie schlagen.“ Doch erst 15 Jahre später kommt es zu jenem legendären Duell, das die Welt auf ähnliche Weise elektrisiert wie die Boxkämpfe zwischen Muhammad Ali und Joe Frazier. Bei der Schachweltmeisterschaft 1972 treffen sich die Erzrivalen Fischer und Boris Spasski (großartig: Tobey Maguire und Liev Schreiber) in Reykjavík zum Match des Jahrhunderts… Mit subtiler Spannung schildert Regisseur Edward Zwick den Kalten Krieg auf dem Schachbrett. Doch sein Film ist auch das fesselnde Psychogramm eines Wunderknaben zwischen Genie und Wahnsinn. Fischer, dessen Mutter als Kommunistin vom FBI überwacht wurde, war nicht nur ein unberechenbarer Exzentriker, dessen Eskapaden regelmäßig für Schlagzeilen sorgten. Er hatte auch das Gefühl, verfolgt zu werden. Unbegründet war diese Paranoia nicht. Vieles sprach dafür, dass Fischers Manager (Michael Stuhlbarg) im Auftrag der US-Regierung handelte, der die sowjetische Vorherrschaft im Schach ein Dorn im Auge war.
2025-07-14 22:10:00
Dakota Johnson („Fifty Shades of Grey“) schaudert im eigenwilligen Remake von Dario Argentos Albtraumklassiker von 1977. Dario Argentos „Suspiria“ gilt nicht zuletzt aufgrund seiner expressionistischen Herangehensweise als Meisterwerk des Horrorgenres. Regisseur Luca Guadagnino („Call Me by Your Name“) treibt beim Remake nicht ganz so wilde Farbenspiele und verlegt das Geschehen aus einem zeitlosen Freiburg ins Berlin des vom RAF-Terror geprägten 1977 – das Aufführungsjahr des Argento-Originals. Die Story bleibt ähnlich: Die junge Amerikanerin Susie Bannion nimmt ihr Studium an der renommierten Tanzakademie Markos auf. Hinter den Mauern der ehrwürdigen Schule geht es nicht mit rechten Dingen zu, Mitschülerinnen verschwinden. Bei Nachforschungen stößt Susie auf ein horribles Geheimnis… Politische und kulturelle Verweise, Tilda Swinton in gleich drei Rollen (darunter ein Mann), Musik von Radiohead-Sänger Thom Yorke und die wohl grauenerregendste Tanzszene aller Zeiten: Guadagnino findet im Remake einen ganz eigenen Ton und macht mehr aus der Ballet-Thematik als Argento – der dem eine Generation jüngeren Kollegen vorwarf, er habe den „Geist des Originals verraten“. Über die epische Länge und das verrückte Finale mag man streiten, Guadagninos Horroroper zählt aber zweifellos zu den faszinierendsten Remakes überhaupt.
2025-07-15 00:40:00
Thriller aus Südkorea: Ein Lude und ein Serienkiller kommen einander heftig in die Quere. Zwei seiner Mädchen sind bereits verschwunden, als dem Zuhälter und Ex-Cop Joong-ho (Kim Yun-seok) auffällt, dass das Callgirl Mi-jin bei dem Freier ist, der die Vermissten zuletzt gebucht hat – so kommt er dem Serienkiller Young-min (Ha Jung-woo) auf die Spur. Eher zufällig landen beide bei der Polizei. Während die Beamten recht ungläubig das Geständnis des Irren hören, sucht der wieder freigelassene Joong-ho mit Mi-jins kleiner Tochter weiter nach ihr… Egal, ob „Bittersweet Life“, „The Man from Nowhere“ oder „Memories of Murder“: Südkoreas Thrillerkino gehört zum Besten der Welt. Das beweist auch das grausige Debüt von Na Hong-jin (der sich mit „The Yellow Sea“ noch steigerte). Klar, es gibt darin Zufälle, Längen, geschönte Gewalt und eine arg unfähige Polizei, aber auch Hochspannung, Atmosphäre, echtes Drama, zwei starke, gut gespielte Hauptfiguren und ungewöhnlichen Realitätssinn, was Action und Drehorte angeht.
2025-07-15 02:40:00
…ist der Deckname einer Hobbyprostituierten: Catherine Deneuve in einem legendären Erotikdrama von Luis Buñuel („Der andalusische Hund“). Es fehlt etwas im Leben der Arztgattin Séverine (Catherine Deneuve), und sado-masochistische Tagträume füllen diese Lücke. Durch Monsieur Husson (Michel Piccoli) erfährt sie vom diskret geführten Etablissement der Madame Anais (Geneviève Page). Ab sofort erfüllt Séverine tagsüber die Wünsche der Freier, abends ist sie ihrem Pierre (Jean Sorel) die perfekte Ehefrau. Ihr Doppelleben wird gefährlich, als ein eifersüchtiger Kleingangster die kühle Blonde für sich allein beansprucht und sie aus dem Bordell herausholen will… Der große Kino-Surrealist Buñuel lässt auch hier Traum und Wirklichkeit nahtlos ineinander übergehen. Seine Attacke auf großbürgerliche Verlogenheiten erhielt in Venedig den Goldenen Löwen.
2025-07-15 04:20:00
Von Gangsterfilmspezi Johnnie To („Election“). Elegant und gut gelaunt stibitzen sich Kei (Simon Yam) und seine drei Partner als Taschendiebe in Hongkong durchs Leben. Da trifft Kei die mysteriöse Chun Lei (Kelly Lin). Nach und nach verdreht sie der ganzen Bande den Kopf – nicht ohne Hintergedanken, wie sich herausstellt… Regisseur To ist unverkennbar ein Fan französischer Filme. Zu beschwingtem Jazz von Xavier Jamaux zitiert er herrlich ironisch die Unterweltfilme eines Jean-Pierre Melville und die poetischen Musicals von Jacques Demy. Tatsächlich fehlen beim ballettartigen Regenschirm-Finale fast nur die Gesangseinlagen à la „Die Regenschirme von Cherbourg“. Vor allem ist der Film, dessen Titel sich auf das Slang-Wort für „Taschendieb“ bezieht, Tos Hommage an seine Heimatstadt Hongkong.
2025-07-15 05:45:00
Alter Mann lernt doch noch die große Liebe kennen. An den Rest seines Lebens hat der einsame Robert (Martin Landau, Oscar für „Ed Wood“) keine hohen Erwartungen mehr. Auf-stehen, Medizin schlucken, im Supermarkt jobben und stets allein essen – jeder Tag läuft gleich ab, bis die neue Nachbarin Mary (Ellen Burstyn, Oscar für „Alice lebt hier nicht mehr“) in seinem Wohnzimmer steht. Plötzlich fühlt sich Robert wieder wie ein Teenie, verknallt und aufgeregt wie beim ersten Rendezvous… Das an altmodische Hollywood-Filme angelehnte Debüt von Nik Fackler lässt bald ahnen, dass hinter der Seniorenlovestory mehr als ein Wintermärchen fürs Kaminfeuer steckt. Trotz seiner jungen Jahre gibt der Regisseur einen glaubhaften Einblick in die Sorgen des Alters, unterstützt von glänzenden Altstars. Eine gewisse Kitschtoleranz wird vorausgesetzt.
2025-07-15 07:15:00
Großstadtdrama von Wong Kar-Wai („Fallen Angels“) über Liebesplagen in Hongkong. Mitten im Moloch Hong-kong steht das Chungking-Gebäude, ein riesiger Geschäfts- und Wohn-komplex mit Markthallen, Bars und Fastfood-Ständen. Hier verstricken sich die Polizisten 223 (Takeshi Kaneshiro) und 663 (Tony Leung Chiu-Wai) in Liebeskummer und Affären. Beide werden von ihren Freundinnen verlassen. Während sich 223 bald in eine Drogendealerin (Brigitte Lin) verliebt, ahnt 663 nicht, dass ihn die punkige Bedienung Faye (Faye Wong) anhimmelt… Kultregisseur Wong Kar-Wai gelingt eine brillante Einheit von Bild und Sinn. Schrille Perspektiven betonen die skurrilen Irrfahrten seiner Helden.
2025-07-15 08:55:00
Die etwas andere Siebziger-Show: Drama von „Tiger and Dragon“-Regisseur Ang Lee. November 1973: Partys, Seitensprünge und Besäufnisse begleiten den Alltag der Familien Hood und Carver im Jahr des Watergate-Skandals. Janey Carver (Sigourney Weaver) treibt es mit ihrem Nachbarn Ben (Kevin Kline), während sich dessen frustrierte Ehefrau (Joan Allen) mit Ladendiebstählen tröstet. Leidtragende sind die Kinder der Familien. Sie ziehen sich in ihre eigene Welt zurück, Bens Tochter Wendy (Christina Ricci) turtelt abwechselnd mit den Carver-Söhnen (Adam Hann-Byrd, Elijah Wood). Erst ein tödlicher Unfall im Eissturm rüttelt alle Beteiligten wach… „Mein Film ist ein Katastrophenfilm“, sagte Ang Lee, auch ohne Action. Mit galligem Humor zeigt Lee, wie die Höhenflüge der Sixties vom Spießertum der 70er abgelöst wurden. Sein Autor James Schamus erhielt dafür in Cannes den Preis für das beste Drehbuch.
2025-07-15 10:45:00
Chemiker und SS-Mann Kurt Gerstein arbeitet 1943 als Hygienespezialist für die Nazis. Entsetzt sieht der gläubige Christ, wozu sein Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B in den Konzentrationslagern verwendet wird. Während er weiter die Befehle befolgt, versucht er heimlich, die katholische Kirche über die Judenvernichtung zu informieren. Doch er stößt auf taube Ohren. Nur Jesuit Riccardo macht sich bei Papst Pius XII. für sein Anliegen stark. Aber auch Riccardo bittet den Heiligen Vater vergeblich. Für Juden fühlt sich die katholische Kirche nicht zuständig… Politregisseur Costa-Gavras („Z“, „Der unsichtbare Aufstand“) verzichtet auf cineastische Experimente und stellt die Botschaft von Rolf Hochhuths gleichnamigem Bühnenstück in den Vordergrund. Kurt Gerstein ist historisch verbürgt, die anderen Personen sind fiktiv. Der Vatikan stellt sich seiner Rolle im Nationalsozialismus nur zögerlich. 2003 wurden Teile des Archivs veröffentlicht – aber nur bis 1939. Die Zeit des Zweiten Weltkriegs unter dem Pontifikat von Pius XII. blieb bis 2020 unter Verschluss. Dessen Umgang mit der Judenverfolgung ist bis heute umstritten.
2025-07-15 12:55:00
Die „Weiße Blindheit“ bricht über die Menschen herein: Betroffene sehen nur noch weißen Nebel. Zuerst trifft es einen Autofahrer, als Nächstes einen Wagendieb, dann den Augenarzt. Die Regierung errichtet Sperrzonen, in denen Gewalt und Willkür herrschen. Nur die Frau des Arztes behält den Überblick. Sie ist die Einzige, die noch sehen kann. Doch sie verschweigt es, um ihrem blinden Mann in die Quarantänezone folgen zu können… Verfilmung des symbolträchtigen Romans von Nobelpreisträger José Saramago († 2010). Regisseur Fernando Meireilles („City of God“) fand eine Bildsprache, die der Parabel über den Verfall von Moral und Menschlichkeit gerecht wird.
2025-07-15 14:55:00
Die Cops Robert Duvall und Sean Penn wollen die Bandenkriminalität in L.A. in den Griff kriegen. Polizeidrama von Dennis Hopper. Die „Crips“ tragen Blau, die „Bloods“ ziehen Rot vor: Der Filmtitel „Colors“ bezieht sich auf Farben als Kennzeichen der rivalisierenden Gangs, die sich in den Slums von Los Angeles bekriegen. Jeden Tag liefern sich die Banden Straßenschlachten. Auch vor Mord schrecken sie nicht zurück. Die Polizei setzt die Spezialeinheit „C.R.A.S.H.“ ein. Aber die Vorstellungen von „angemessener Verbrechensbekämpfung“ gehen bei zwei Cops meilenweit auseinander: Der erfahrene Hodges (Robert Duvall) versucht es mit Verständnis und diplomatischem Gespür, sein junger Kollege McGavin (Sean Penn) dagegen geht mit äußerster Brutalität gegen die Jungs von der Straße vor… Dennis Hopper (u. a. Regie bei „Easy Rider“) drehte an Originalschauplätzen und engagierte auch reale Gangmitglieder. Für den „Bad Guy“ Hopper war der Film ein erfolgreiches Regie-Comeback.
2025-07-15 16:55:00
Frankreichs größtes Diven-Treffen: Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Fanny Ardant & Co. klären einen Mord. Krimikomödie mit Musicalszenen. Acht Frauen und ein Mann in einem eingeschneiten Landhaus - das kann nicht gut gehen. Und tatsächlich, Patriarch Marcel liegt tot in seinem Bett. Den Dolch in seinem Rücken kann nur eine der anwesenden Damen dort platziert haben. Weil die Polizei nicht zu erreichen ist, spielt das hysterische Frauen-Oktett nun selbst Detektiv… Er hätte Meg Ryan und Julia Roberts erwürgen können. Denn Regisseur François Ozon („5 x 2“) wollte unbedingt George Cukors Klassiker „Die Frauen“ (1939) neu verfilmen. Aber die Remake-Rechte liegen bei den Hollywood-Aktricen. Also wählte Ozon ein 50er-Jahre-Theaterstück von Robert Thomas mit ebenfalls rein weiblicher Besetzung. Seine Darstellerinnen (u. a. auch Emmanuelle Béart und „Swimming Pool“-Star Ludivine Sagnier) danken es ihm mit viel Spielfreude, Selbstironie und Gesang! Dafür gab’s auf der Berlinale 2002 den Ensemble-Preis.
2025-07-15 18:45:00
Kate Beckinsale spielt in dieser Jane-Austen-Adaption eine Witwe, die in den 1790er-Jahren den Ruf genießt, die größte Verführerin in ganz England zu sein. Nachdem die verwitwete Lady Susan Vernon (Beckinsale) allzu heftig mit dem verheirateten Mr. Manwaring geflirtet hat, muss sie dessen Anwesen übereilt verlassen. Eine neue Bleibe findet sie auf Churchill, dem Landsitz ihres Schwagers Charles (Justin Edwards) und seiner Frau Catherine (Emma Greenwell). Während die intrigante Susan ihre Tochter Frederica (Morfydd Clark) mit dem ebenso reichen wie einfältigen Sir James Martin (Tom Bennett) verkuppeln will, bricht sie Catherines jüngerem Bruder Reginald DeCourcy (Xavier Samuel) das Herz… „Love & Friendship“ zählte zu den ersten literarischen Fingerübungen der damals 15-jährigen Jane Austen. Die Vorlage für den gleichnamigen Kinofilm lieferte allerdings der Briefroman „Lady Susan“, der vermutlich vier Jahre später entstand. Der US-Indie-Regisseur Whit Stillman, der sich in den 1990er-Jahren mit Filmen wie „Metropolitan“, „Barcelona“ und „The Last Days of Disco“ einen exzellenten Ruf als Chronist einer Ära und ihrer Sitten erarbeitet hatte, gelang mit seinem jüngsten Werk ein kleines, scharfzüngig-intelligentes Meisterwerk. Der u. a. von Arte mitproduzierte Film kostete nur 3 Millionen Dollar, entstand in Irland und spielte weltweit immerhin knapp 20 Millionen Dollar ein.
2025-07-15 20:15:00
Nach einer wahren Geschichte: Afrikanischer Arzt zieht 1975 samt Familie in die französische Provinz — und erlebt Kurioses. Nach seinem Abschluss an der Medizinischen Fakultät von Lille 1975 hätte Seyolo Zantoko Leibarzt des kongolesischen Diktators Mobutu werden können. Doch der umsichtige Familienvater will viel lieber die französische Staatsbürgerschaft erwerben. Da kommt ihm das Angebot des Bürgermeisters von Marly-Gomont gerade recht, der dringend einen Arzt für sein entlegenes Kaff sucht. Dass Seyolos Frau Anne und die beiden Kinder glauben, nach Paris zu ziehen, und stattdessen im kalten Norden in einer Bruchbude landen, ist das kleinste Problem. Die bornierten Dorfbewohner denken nämlich gar nicht daran, sich von einem afrikanischen Medizinmann behandeln zu lassen… Leichtfüßig inszenierte, auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte um Vorurteile und kulturelle Annäherung. Seyolo Zantokos Sohn Kamini schrieb am Drehbuch mit. Er ist in Frankreich vor allem als Comedian und Rapper bekannt. Neben seinem Hit „Marly-Gomont“, der auch im Abspann des Films läuft, lohnt sich sein Video zu „J’suis blanc“ („Ich bin weiß“), in dem er bitter-komisch seinen „schwarzen“ Alltag auf „weiß“ bürstet.
2025-07-15 21:50:00
Vier Freundinnen rebellieren gegen Unterdrückung durch das Patriarchat. Ein Wüstendorf in Nordwestindien. Frauen werden hier von den meisten Männern nur als Sexobjekte, Haushälterinnen und Gebärmaschinen betrachtet. Dabei hält vor allem die Arbeit der Näherinnen in einer Textilmanufaktur die Gemeinde über Wasser. Dennoch ordnen sich fast alle Frauen den rückständigen Traditionen unter. Witwe Rani verpfändet ihr kleines Haus, um die 15-jährige Janaki als Braut für Sohn Gulab zu kaufen — einen saufenden Nichtsnutz. Derweil sehnt sich ihre Freundin Lajjo danach, endlich schwanger zu werden. Sie ahnt nicht, dass ihr Mann, ein brutaler Despot, steril ist. Rani und Lajjo sind mit der Tänzerin und Prostituierten Bijli befreundet. Sie tritt selbstbewusst auf, ist aber letztlich von der Gunst ihrer Kunden abhängig. Dennoch inspiriert Bijlis Mut auch Rani, Janaki und Lajjo dazu, gegen die Männer aufzubegehren. Regisseurin Leena Yadav verbindet Farbenpracht, Energie und Sinnlichkeit eines Bollywood-Musicals (superb eingefangen von „Titanic“-Kameramann Russell Carpenter) mit der Härte eines Sozialdramas. Der letzte Akt wirkt arg märchenhaft, die sympathischen Hauptdarstellerinnen überspielen aber alle Schwächen.
2025-07-15 23:45:00
Sci-Fi-Actionthriller mit Chris Evans. Die Menschheit liegt in den letzten Zügen. Mit dem Kühlmittel CW-7 bekämpft die Menschheit die Erderwärmung – und erreicht das Gegenteil: Die Welt gefriert, alles Leben erstickt. Die Überlebenden flüchten in die „Arche“ des Industriellen Wilford (Ed Harris), einen Zug, der durch die endlose Schneewüste brettert. Hier herrscht allerdings eine Zweiklassengesellschaft: Am Zugende vegetieren die Menschen unterdrückt von Ministerin Mason (schräg: Tilda Swinton) vor sich hin. Vorn herrscht Luxus. Ein barbarischer Zustand, den Curtis (Evans), Edgar (Jamie Bell), Gilliam (John Hurt) und andere Geknechtete mit einem Sturmlauf bis zum Triebwagen beenden wollen… Der Koreaner Bong Joon-ho („The Host“, „Mother“) übertrug den dystopischen Stoff der französischen Comicvorlage auf einen Actionthriller, in dem er virtuos asiatisches Gewaltkino und US-Blockbuster-Elemente mit Ego-Shooter-Anklängen und hintergründiger Gesellschaftsparabel mixte. Wow.
2025-07-16 01:50:00
Liebestragödie von „Dancer in the Dark“-Regisseur Lars von Trier. Bess (Emily Watson) ist schüchtern und naiv, gilt in ihrem schottischen Heimatdorf aber trotzdem als Rebellin. Mögen die strenggläubigen Patriarchen ihrer Gemeinde auch die Stirn runzeln: Bess setzt sich durch und heiratet den dänischen Ölarbeiter Jan (Stellan Skarsgård). Das Eheglück währt nur kurz: Auf der Bohrinsel geschieht ein Unfall. Fast völlig gelähmt, siecht Jan dahin. Er verlangt von Bess, mit anderen Männern zu schlafen und ihm davon zu erzählen. Sie folgt dem fatalen Wunsch… Handkamerabilder, natürliche Lichtgebung und die brillante Emily Watson verleihen dem Film quälende Authentizität. 1996 erhielt Lars von Trier dafür den Großen Preis der Jury von Cannes.
2025-07-16 04:25:00
Ein Barbesitzer will sich rächen. Der düstere Thriller ist das Regiedebüt der Coen-Brüder. Texas, Anfang der 80er: Privatdetektiv Visser (M. Emmet Walsh) steckt Barbesitzer Marty (Dan Hedaya), dass dessen Frau Abby (Frances McDormand) ihn mit einem Angestellten betrügt. Rasend vor Eifersucht beauftragt Marty den schmierigen Schnüffler, die Untreue und ihren Liebhaber zu ermorden. Der Plan geht nach hinten los… Wie in späteren Meisterwerken (z. B. „Fargo“, „No Country for Old Men“) setzen die Coen-Brüder auf aberwitzige Verwicklungen, originelle Dialoge und schwarzen Humor. 15 Jahre nach ihrem Debüt überarbeiteten beide den Kultfilm digital, strafften ihn um vier Minuten und spendierten ihm ein skurriles Intro. Zhang Yimou („Hero“) drehte 2009 das freie Remake „A Simple Noodle Story“.
2025-07-16 06:00:00
Magische „Tierdoku“ von Luc Besson („Das fünfte Element“).
2025-07-16 07:20:00
In dem Festivalhit trotzt ein Mädchen im Sumpf von New Orleans den Kräften der Natur und der Mythologie. Auf einer kleinen Insel jenseits der Dämme von New Orleans trotzt ein armes Außenseitervölkchen unverdrossen und solidarisch allen Stürmen und Überschwemmungen. In der Schrottsiedlung, die die Bewohner Bathtub nennen, lebt auch die kleine Hushpuppy (Quvenzhané „Nazie“ Wallis) mit ihrem Papa (Dwight Henry), einem derben Quartalssäufer. Die nahe Südstaatenmetropole wappnet sich gerade für einen Jahrhundertsturm. Die fantasiebegabte Hushpuppy glaubt, dass es diesmal auch Bathtub wegspült und gigantische Auerochsen aus dem Norden kommen, um den todkranken Vater zu holen… Der überraschendste und eindrucksvollste Film des Kinojahres 2012 wurde mit Preisen überschüttet. Dabei wollte der damals 29-jährige Regiedebütant Benh Zeitlin mit seinem Künstlerkollektiv „Court 13“ eigentlich nur einmal versuchen, „die Poesie eines Kunstfilms mit der Intensität von "Stirb langsam“ zu kombinieren. Die vom Wirbelsturm Katrina verwüsteten Originalschauplätze liefern den Realismus, die kindliche Vorstellungswelt die Magie, den Rest besorgen hervorragende Laiendarsteller. Größte Entdeckung war die Oscar-nominierte „Nazie“ Wallis, die beim Vorsprechen für die Rolle noch nicht mal sechs Jahre alt war.
2025-07-16 08:50:00
Ein US-Soldat kämpft für die Liebe seines Lebens. Nicholas Sparks kann, wovon andere Schriftsteller nur träumen: Er sieht das „Lächeln der Sterne“ (2008 mit Richard Gere verfilmt) und nun das Leuchten der Stille. So sentimental und tränenreich wie kaum ein anderer Autor säuselt er in seinen Romanen von den tragischen Wechselfällen der Liebe. „Dear John“ – so der Originaltitel dieser unfassbar seichten, von Lasse Hallström („Hachiko“) verfilmten Schmonzette – erzählt von einem US-Soldaten, der sich hin- und hergerissen fühlt zwischen patriotischer Pflichterfüllung und seiner großen Liebe Savannah. Während er in fremden Ländern gegen muslimische Heckenschützen kämpft, will sie in der Heimat einen Reiterhof für autistische Kinder gründen. Die räumliche Distanz überbrücken die beiden mit Liebesbriefen. Channing Tatum und Amanda Seyfried schreiben sich die Finger wund, doch es hilft nichts. Die triviale Lovestory vermag dem Schmachten nicht ein echtes Gefühl zu entlocken.
2025-07-16 10:35:00
Louis de Funès hat es als raffgieriger Kunsthändler auf ein kostbares Tattoo abgesehen, das Jean Gabin auf dem Rücken trägt. Balduin Mézeray (Louis de Funès) ist ganz und gar aus dem Häuschen: Der hektische Kunstsammler hat auf dem Rücken des bärbeißigen Ex-Legionärs und Grafen Legrain (Jean Gabin) eine Tätowierung entdeckt, die zweifelsohne von dem berühmten Maler Modigliani stammt. Legrain stimmt dem Verkauf des prächtigen Hautgemäldes zu, falls Balduin ihm sein "kleines Ferienhaus" auf dem Lande renoviert. Doch die vermeintliche Kate entpuppt sich als abbruchreifes Schloss, dessen Renovierung nicht nur Unsummen verschlingen würde… Chaotisch ging es am Set zu: Drehbuchautor Alphonse Boudard bezichtigte den Regisseur Denys de la Patellière, eigenmächtig Änderungen vorgenommen zu haben, und bestand darauf, die Drehbuchseiten nur tageweise auszugeben. Auch Louis de Funès und Jean Gabin, die zum ersten Mal gemeinsam arbeiteten, sahen sich lieber gehen als kommen.
2025-07-16 12:05:00
Thrillerromanze zwischen Alfred Hitchcock und David Lynch. Beim Speeddating lernt das slowenische Zimmermädchen Sonia (Kseniya Rappoport) den Ex-Polizisten und jetzigen Wachmann Guido (Filippo Timi) kennen. Als sie ihn bei der Arbeit in einer Villa besucht, gerät sie in einen Überfall, bei dem Guido erschossen wird. Doch warum glaubt Sonia, ihn danach immer wiederzusehen? Das preisgekrönte Kinodebüt des Video- und Werberegisseurs Giuseppe Capotondi changiert wendungsreich zwischen Lovestory, Thriller und Mystery. Ganz schlüssig ist das raffinierte Vexierspiel zum Ende hin nicht, der faszinierende Weg ist hier das Ziel.
2025-07-16 13:40:00
Oscar-gekrönte Doku über die Anzugträger der Antarktis und ihre Wanderungen. Zärtlich schmiegen sich Männchen und Weibchen aneinander. Doch das sanfte Gebaren hat einen lebenswichtigen Hintergrund: In der unwirtlichen Antarktis schützen sich die Kaiserpinguine so vor der mörderischen Kälte. Während der Paarungszeit bricht eine ganze Kolonie der putzigen Tiere zur Wanderung über das Packeis auf. An der Brutstätte angekommen, beginnen harte Monate. Nach dem Schlüpfen der Jungen werden auch diese bald mit eisigen Stürmen und Angriffen von Raubvögeln konfrontiert… Das packende Abenteuer vor atemberaubender Kulisse errang 2006 den Dokumentarfilm-Oscar. Nur die vermenschlichenden Dialoge, die den Pinguinen bei jeder passenden Gelegenheit in den Schnabel gelegt werden, wirken albern. Auf der DVD wurden sie später entfernt.
2025-07-16 15:05:00
Wie werden Kinder erwachsen, wie kommen Eltern damit klar? Das Episodendrama verfolgt die Geschichte einer normalen Familie über zwölf Jahre – anhand von fünf ausgewählten Tagen. Ihr 16. Geburtstag war die Hölle. Trotzdem: „Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens“ schreibt Fleur (Déborah François) in ihr Tagebuch und gibt dem Film seinen Originaltitel. Solche Tage, nach denen nichts mehr ist wie zuvor, erleben im Lauf der Jahre auch die Mutter (Zabou Breitman), der Vater (Jacques Gamblin) sowie Fleurs ältere Brüder Raphaël und Albert… Für jede Episode findet Rémi Bezançon („Love Is in the Air“) eigene Stilmittel und die Balance von Humor und Ernsthaftigkeit. Trotz einiger Überkonstruktionen ein anrührendes Plädoyer für menschliches Miteinander, ausgezeichnet mit drei Césars.
2025-07-16 16:55:00
Eine weiße Studentin setzt sich für die Schwarzen ein – und erntet Hass. Drama. Der amerikanische Süden im Jahr 1957: Die Studentin Maggie (Ally Sheedy) ist mit dem unbekümmerten Boots (Don Michael Paul) verlobt. Ihr Leben nimmt eine Wende, als sie den Journalisten Hoyt (Treat Williams) kennenlernt. Er öffnet ihr die Augen dafür, dass die Schwarzen diskriminiert werden und dem Hass und der Gewalt weißer Rassisten ausgesetzt sind. Als Maggie ihr frisches soziales Engagement mit einem Artikel für die Unizeitung über einen farbigen Elvis-Fan beweist, der bei einem Konzert niedergeknüppelt wurde, bekommt sie am eigenen Leib zu spüren, wie Kritik geahndet wird: Freund und Freundinnen wenden sich abrupt von Maggie ab… Die Adaption von Anne Rivers Siddons Roman „Heartbreak Hotel“ ist ein verlogener Film, in dem die reichen Weißen darunter leiden müssen, dass es den armen Schwarzen so schlecht geht.
2025-07-16 18:30:00
Mark Ruffalo und Keira Knightley nehmen ein außergewöhnliches Album auf. Der Musikproduzent und Idealist Dan (Mark Ruffalo) ist es längst gewohnt, mit seinen Vorstellungen von Musik in Zeiten des Mainstream-Pops auf taube Ohren zu stoßen. Doch dann wird er von seinem Partner Saul (Mos Def) aus dem selbst gegründeten Plattenlabel geworfen – ein Schlag ins Gesicht. Als er sein Selbstmitleid in einer Bar im Alkohol ertränkt, reißt ihn die Livedarbietung der jungen britischen Songschreiberin Gretta (Keira Knightley) aus seiner Lethargie. Frisch getrennt von ihrem Freund, dem Teenieschwarm und angehenden Megastar Dave (toll: Maroon-5-Sänger Adam Levine), nimmt die desillusionierte Künstlerin Dans Angebot an: Mit einer Gruppe musikalischer Mitstreiter, darunter Dans streitlustige Teenietochter Violet („True Grit“-Entdeckung Hailee Steinfeld), machen sie sich auf zu einer ungewöhnlichen Freiluft-Recording-Session quer durch New York… Regisseur und Autor John Carney schildert auf einfühlsam-humorige und (fast) schmalzfreie Weise, wie sich zwei aus der Bahn geworfene Menschen mithilfe der Musik wieder auf Spur bringen. Und er singt ein zartes Loblied auf die Wahrhaftigkeit der Musik. Zwar sind die Songs nicht alternativ oder rockig wie im Film behauptet, sondern nicht weniger Mainstream als die Hits des Massenlieblings Dave – dem authentischen Charme der von Keira Knightley selbst gesungenen Balladen kann man dennoch nicht widerstehen. Die Songs stammen größtenteils von Ex-New-Radicals-Frontmann Gregg Alexander. Der Hit „Lost Stars“ ist absolut ohrwurmverdächtig und wurde sogar für einen Oscar nominiert.
2025-07-16 20:15:00
Drei Polizisten werden mit den schwierigen Lebensverhältnissen und der alltäglichen Gewalt im Pariser Banlieue Montfermeil konfrontiert. Frankreich im Sommer 2018: Polizist Stépahne ist neu in Montfermeil, einem sozialen Brennpunkt am Rande von Paris. Seine Kollegen Chris und Gwade nehmen es im Umgang mit Jugendgangs, Muslimbrüdern und Drogenhändlern mit dem Gesetz nicht so genau. Als der kleine Issa ein Löwenbaby aus dem „Zigeuner“-Zirkus klaut und bei seiner Festnahme angeschossen wird, wachsen die Spannungen – bis die Gewalt schließlich explodiert... Der Titel klingt sehr nach Victor Hugo. Und tatsächlich, der Klassiker wie der Film spielen in Montfermeil, und in beiden ist das Viertel ein Pulverfass, das jederzeit hochgehen kann. Damit haben sich die Parallelen aber erledigt. Ladj Ly inszeniert ein packendes Polizeidrama und taucht ein in eine Welt, aus der sich der Rechtsstaat längst zurückgezogen hat. Und in der selbst ernannte Anführer regieren, während die Jugend sich selbst überlassen bleibt. Das wirkt alles sehr echt und authentisch und erzeugt vor allem im letzten Drittel eine Intensität, der man sich kaum entziehen kann. Ein wirklich starker Film.
2025-07-16 22:00:00
… auf Bullen und Bürger treibt Vorstadtjungs aus Paris an. Ein Polizist prügelt in der Pariser Vorstadt den Araber Abdel Ichaha ins Koma. Daraufhin liefern sich Jugendliche und Beamte bis in den frühen Morgen eine Straßenschlacht. Vinz (Vincent Cassel) ergattert eine Bullenwaffe und will „die Bilanz ausgleichen“. Erst mal zieht er aber mit dem reizbaren Araber Saïd (Saïd Taghmaoui) und dem schwarzen Boxer Hubert (Hubert Koundé) durch die Stadt. Der Trip der drei endet bitter… Mathieu Kassovitz („Babylon A. D.“, „Die purpurnen Flüsse“) drehte eine 24-Stunden-Chronik über die Trostlosigkeit der Banlieue in Anlehnung an ein reales Ereignis: 1993 erschoss ein Polizist auf einem Polizeirevier einen 16-jährigen Zairer, der mit Handschellen an einen Heizkörper gefesselt war. Die daraufhin ausbrechenden Krawalle bilden den Auftakt des Films, der nichts an Brisanz eingebüßt hat.
2025-07-16 23:35:00
Dieser Thriller voller Mysterien und unerklärlicher Zusammenhänge ist der einer der besten Filme von David Lynch († 15. Januar 2025), meinen viele Fans und Kritiker. Jungschauspielerin Betty (Naomi Watts) kommt aus der Provinz nach Hollywood. Bei der Ankunft in ihrem Appartement findet sie eine verwirrte Frau vor. Sie nennt sich Rita (Laura Harring) und hat bei einem Unfall ihr Gedächtnis verloren. Betty hilft ihr bei der Spurensuche. Dabei geraten die Frauen auf die dunkle Seite der Glitzermetropole u. a. an den Filmemacher Adam Kesher (Justin Theroux), dem Gangster die Besetzung seines neuen Films diktieren… Die weitere Handlung verläuft sich in einem Labyrinth aus Situationen, Bildern und Einfällen, wie sie nur der Vorstellungskraft eines David Lynch entspringen können. US-Kritikerpapst Roger Ebert meinte gar, Lynch habe mit seinem ganzen bisherigen Schaffen nur auf diesen Film hingearbeitet. Interpretationen und Erklärungen laufen ins Leere – einfach nur genießen und keine Fragen stellen.
2025-07-17 02:00:00
Mark Ruffalo und Keira Knightley nehmen ein außergewöhnliches Album auf. Der Musikproduzent und Idealist Dan (Mark Ruffalo) ist es längst gewohnt, mit seinen Vorstellungen von Musik in Zeiten des Mainstream-Pops auf taube Ohren zu stoßen. Doch dann wird er von seinem Partner Saul (Mos Def) aus dem selbst gegründeten Plattenlabel geworfen – ein Schlag ins Gesicht. Als er sein Selbstmitleid in einer Bar im Alkohol ertränkt, reißt ihn die Livedarbietung der jungen britischen Songschreiberin Gretta (Keira Knightley) aus seiner Lethargie. Frisch getrennt von ihrem Freund, dem Teenieschwarm und angehenden Megastar Dave (toll: Maroon-5-Sänger Adam Levine), nimmt die desillusionierte Künstlerin Dans Angebot an: Mit einer Gruppe musikalischer Mitstreiter, darunter Dans streitlustige Teenietochter Violet („True Grit“-Entdeckung Hailee Steinfeld), machen sie sich auf zu einer ungewöhnlichen Freiluft-Recording-Session quer durch New York… Regisseur und Autor John Carney schildert auf einfühlsam-humorige und (fast) schmalzfreie Weise, wie sich zwei aus der Bahn geworfene Menschen mithilfe der Musik wieder auf Spur bringen. Und er singt ein zartes Loblied auf die Wahrhaftigkeit der Musik. Zwar sind die Songs nicht alternativ oder rockig wie im Film behauptet, sondern nicht weniger Mainstream als die Hits des Massenlieblings Dave – dem authentischen Charme der von Keira Knightley selbst gesungenen Balladen kann man dennoch nicht widerstehen. Die Songs stammen größtenteils von Ex-New-Radicals-Frontmann Gregg Alexander. Der Hit „Lost Stars“ ist absolut ohrwurmverdächtig und wurde sogar für einen Oscar nominiert.
2025-07-17 03:45:00
Die Historientragödie von Patrice Chéreau beschwört eins der blutigsten Kapitel der französischen Geschichte: die Ermordung der Protestanten. Die Nacht, in der das Blut gemeuchelter Protestanten die Straßen von Paris überschwemmte, zählt zu den dunkelsten Stunden der europäischen Geschichte. Patrice Chéreaus gewaltiges Historiendrama taucht mitten in das Jahr 1572 und die unheilvolle Verquickung von höfischen wie klerikalen Macht- und Sexintrigen, die zu dem Massaker führten. Mit großem Prunk richtet die Matriarchin Caterina von Medici (Virna Lisi) die Hochzeit ihrer katholischen Tochter Margot (Isabelle Adjani) mit dem protestantischen Henri de Navarre (Daniel Auteuil) aus. Ein Fest, das die beiden verfeindeten Kirchen versöhnen soll. Doch in Wahrheit verfolgt die machtbesessene Caterina einzig den Plan, ihrem Sohn Karl IX. (Jean-Hugues Anglade) die Thronfolge zu sichern.
2025-07-17 06:20:00
Historiendrama nach Fakten. Deutscher Arzt sorgt am dänischen Königshof für Aufruhr. 1766 wird die englische Prinzessin Caroline Mathilde (Alicia Vikander) mit dem jungen Dänen-König Christian VII. (Mikkel Boe Følsgaard) verheiratet. Aber der Monarch ist kein Traumprinz: Kindlich und geistig zurückgeblieben, brüskiert Christian seine Gemahlin vor der adligen Gesellschaft, er interessiert sich ohnehin mehr für Saufgelage und Huren. Die Königin ist darum froh, als sich der Regent auf eine lange Europareise begibt – und mit einem Leibarzt zurückkehrt: Der Armenarzt Johann Friedrich Struensee (Mads Mikkelsen) aus Altona wird zu Christians Vertrautem. Der „sittenlose Freidenker“ infiziert die Königin mit den Gedanken der Aufklärung und nimmt Einfluss auf die Politik. Als er auch noch eine Beziehung mit Caroline startet, ist sein Schicksal besiegelt… Struensee (1737–72) erließ in der kurzen Phase als mächtigster Mann Dänemarks hunderte Dekrete, die den Staat grundlegend und im Sinn der Aufklärung reformierten. Regisseur Nikolaj Arcel rückt hier jedoch die tragische, historisch belegte Liebesgeschichte in kunstvollen Tableaus in den Mittelpunkt. Mit Co-Autor Rasmus Heisterberg erhielt er den Silbernen Bären fürs Drehbuch, Mikkel Boe Følsgaard bekam den Darsteller-Bären.
2025-07-17 08:35:00
Dakota Johnson („Fifty Shades of Grey“) schaudert im eigenwilligen Remake von Dario Argentos Albtraumklassiker von 1977. Dario Argentos „Suspiria“ gilt nicht zuletzt aufgrund seiner expressionistischen Herangehensweise als Meisterwerk des Horrorgenres. Regisseur Luca Guadagnino („Call Me by Your Name“) treibt beim Remake nicht ganz so wilde Farbenspiele und verlegt das Geschehen aus einem zeitlosen Freiburg ins Berlin des vom RAF-Terror geprägten 1977 – das Aufführungsjahr des Argento-Originals. Die Story bleibt ähnlich: Die junge Amerikanerin Susie Bannion nimmt ihr Studium an der renommierten Tanzakademie Markos auf. Hinter den Mauern der ehrwürdigen Schule geht es nicht mit rechten Dingen zu, Mitschülerinnen verschwinden. Bei Nachforschungen stößt Susie auf ein horribles Geheimnis… Politische und kulturelle Verweise, Tilda Swinton in gleich drei Rollen (darunter ein Mann), Musik von Radiohead-Sänger Thom Yorke und die wohl grauenerregendste Tanzszene aller Zeiten: Guadagnino findet im Remake einen ganz eigenen Ton und macht mehr aus der Ballet-Thematik als Argento – der dem eine Generation jüngeren Kollegen vorwarf, er habe den „Geist des Originals verraten“. Über die epische Länge und das verrückte Finale mag man streiten, Guadagninos Horroroper zählt aber zweifellos zu den faszinierendsten Remakes überhaupt.
2025-07-17 11:05:00
Jeans Tochter Manon (Emmanuelle Béart) kehrt als junge Frau in ihre provenzialische Heimat zurück. Sie will den Tod des Vaters rächen und wird selbst zur Zielscheibe von Hass und Neid... Nach „Jean Florette“ der zweite Teil von Claude Berris Verfilmung von Marcel Pagnols Roman „Das Wasser der Hügel“.
2025-07-17 12:55:00
David Lynchs Drama um einen missgebildeten Außenseiter basiert auf Tatsachen. London, 1884: Der Arzt Frederick Treves (Anthony Hopkins) befreit den „Elefantenmenschen“, einen durch Tumore und Knochendeformationen entstellten Mann, aus den Händen eines Schaustellers. Er entdeckt, dass sich hinter der hässlichen Gestalt von John Merrick (John Hurt) ein hochintelligenter, sensibler Mensch verbirgt. Der Kranke wird zur Attraktion in der High-Society. Nur wenige, wie die Schauspielerin Kendal (Anne Bancroft), erkennen den Menschen im Monster… Genau dies ermöglicht David Lynch den Zuschauern: Der „Blue Velvet“ Regisseur verzichtet in seinem Tatsachen-Drama auf jegliche Schaueffekte.
2025-07-17 14:55:00
Eine schöne Violinistin spielt mit den Gefühlen zweier Freunde. Zwei alte Freunde betreiben gemeinsam ein Geigenbauatelier: Der extrovertierte Maxime (André Dussollier) kümmert sich um den kaufmännischen Teil und verhandelt mit den Kunden, die er häufig mit seinem freundlich-charmanten Wesen einzunehmen versteht. Der introvertierte Stéphane (Daniel Auteuil) dagegen wirkt nicht selten verschlossen und spröde. Er ist der Handwerker im Unternehmen. Erst die Violinistin Camille (Emmanuelle Béart) hebt ihr geordnetes Leben aus den Angeln: Während Maxime die schöne Musikerin umschwärmt, verliert der scheue Stéphane tatsächlich sein Herz – bleibt aber reserviert… Regisseur Sautet gewann für das (Versteck-)Spiel der Gefühle einen César. Seit seinen Arbeiten mit Romy Schneider (u. a. „Das Mädchen und der Kommissar“) galt er als feinfühliger Beobachter des Zwischenmenschlichen.
2025-07-17 16:40:00
Nach der Geburt wurden die Söhne zweier Familien vertauscht. „Jetzt ergibt alles einen Sinn“, sagt der ehrgeizige Architekt Ryota (Masaharu Fukuyama), nachdem er und seine Frau Midori (Machiko Ono) erfahren haben, dass ihr sechsjähriger Sohn Keita als Baby im Krankenhaus vertauscht wurde. Kein Wunder, dass der Kleine auch weniger liebenswerte Eigenschaften besitzt! Auf der Fahrt zum ersten Treffen ins Dorf der leiblichen Eltern, dem schluffigen Ladenbesitzer Yudai (Lily Franky) und seiner Frau Yukari (Yoko Maki), folgt die Kamera endlos einer Kurve und gibt uns ein Gefühl dafür, welche Fliehkräfte hier wirken, und wie das Paar aus der Bahn geworfen wird… Vertauschte Kinder, unterschiedliche Milieus – das Motiv ist alt, selten wurde es so klug und berührend in Szene gesetzt. Für seinen wunderschönen und unaufgeregten Film „Like Father, Like Son“ über Vatersein, Erwartungshaltungen, Sozialisation und Biologie erhielt Regisseur Hirokazu Koreeda („I Wish“) in Cannes den Jurypreis.
2025-07-17 18:40:00
"Groovy" - "yeah, Baby, yeah!": „Wayne's World“-Star Mike Myers als aufgetauter Superspion. London in den Swinging Sixties: Er ist klein, hässlich, hat schlechte Zähne, ein herzförmiges Brusthaartoupet – und die Mädels fliegen auf ihn! Austin Powers (Mike Myers) ist ein absolutes Sexsymbol. Der Starfotograf arbeitet als Spezialagent im Geheimdienst Ihrer Majestät und holt sich die schönsten Girls vor die Linse. Ein scharfer Typ eben, so wie David Hemmings in „Blow Up“. Ganz konträr zu seinem Erzfeind Dr. Evil (ebenfalls Mike Myers), der die Welt erobern will. Kurz bevor Austin „Danger“ Powers ihn stoppen kann, verdrückt sich Dr. Evil in seine Weltraumkapsel und lässt sich einfrieren. Die Regierung lässt nun auch Austin schockfrosten, damit er taufrisch ist, wenn Evil dereinst zurückkehrt. Dreißig Jahre später ist es soweit. Schock für Austin: Alles hat sich verändert! Lange Zeit zum Wundern bleibt Austin nicht. Weil Dr. Evil ein paar Atomraketen klaut, ist Eile geboten. Mit Agentin Vanessa Kensington (Elizabeth Hurley) verfolgt er Evils Mitarbeiter Nummer Zwei (Robert Wagner) bis nach Las Vegas, wo ihn gemeine Robotweiber und andere Widrigkeiten erwarten... Klasse Ausstattung, ein super Soundtrack (Songschreiber Burt Bacharach hat einen Gastauftritt) und hochmotivierte Darsteller und Darstellerinnen machen die 007-Parodie zu einem Leckerbissen. Schade nur, dass der Film durch die Synchronisation viel von seinem Wortwitz einbüßt.
2025-07-17 20:15:00
Jon Favreau richtet eine leckere Komödie an: Ein Koch entdeckt die Liebe zu Streetfood. Carl Casper (Favreau) ist kreativer Küchenchef in Rivas (Dustin Hoffman) Edelrestaurant in L. A. Doch am Tag, als der berühmt-berüchtigte Kritiker und Foodblogger Ramsey Michael (Oliver Platt) den Laden besucht, kocht die Spannung zwischen den eitlen Egomanen hoch. Carl kontert Ramseys vernichtende Kritik auf Twitter. Der „Beef“ zwischen den eitlen Küchenprofis schlägt im Internet ein wie eine Bombe. Angezickt wirft Carl das Küchentuch und reist mit Exfrau Inez (Sofía Vergara) und Sohn Percy in seine Heimatstadt Miami. Mit einem fast schrottreifen Imbisswagen kehrt er zurück – voller Ideen für schmackhaftes Streetfood… Das mundet: Die launige, lebensfrohe Ode ans gute Essen und die hippe Foodtruck-Bewegung ist angerichtet mit einem würzigen Soundtrack und wartet mit Gaststars wie Robert Downey Jr., Scarlett Johansson und John Leguizamo als gern gesehene Beilagen auf.
2025-07-17 22:10:00
Ein Todeskleid bringt Unheil: Das hätten sich David Lynch, Dario Argento & Monty Python nicht schöner ausdenken können. Frisch geschieden und durch die neue Freundin ihres Sohnes stark eingeschüchtert, will sich Sheila einfach mal etwas gönnen. Zum Beispiel das wunderschöne rote Kleid, das im Ausverkauf ihres Kaufhauses angeboten wird. Doch kaum hat die Mama das wallende Gewand getragen, geschehen merkwürdige Dinge. Ihre Waschmaschine geht kaputt, ein Schäferhund attackiert sie grundlos. Sie will das Kleid zurückgeben, doch die Verkäufer weisen sie nur freundlich ab. Wenig später landet das offenbar verfluchte Kleid beim Waschmaschinenreparateur Reg, der die Fähigkeit hat, Menschen durch sein Gerede in Trance zu versetzen. Auch ihm und seinem Umfeld bringt das Kleid kein Glück… Weniger eine Hommage an den Horrorklassiker „Suspiria“ von Dario Argento als vielmehr dessen wunderschöne, filmästhetische Matrjoschka-Version. Die stark stilisierten Bilder enthüllen erst nach und nach ihre mysteriöse Wellenlänge. Regisseur und Autor Peter Strickland wagt den riskanten Drahtseilakt aus Komödie und Terror, fast jede Szene ist so skurril-amüsant wie grausam-verstörend. Dieser Film ist ein Werk der Bilder und Assoziationen, vergleichbar mit den schrägsten Meisterwerken von David Lynch, und taucht irgendwann gänzlich ins Surreale ab. Antworten braucht sich der Zuschauer also nicht zu erhoffen, zu sagen hat „Das blutrote Kleid“ aber einiges: über eine globalisierte Konsumkultur, in der Luxusgüter auf obszöne Weise fetischisiert werden.
2025-07-18 00:05:00
Action nach einer südkoreanischen TV-Serie. Zwei südkoreanische Topagenten werden zu Marionetten in einem perfiden Spiel: Im Interesse der Rüstungsindustrie schürt der Geheimbund Iris weltweit Krisen und Konflikte. Eine Annäherung zwischen Süd- und Nordkorea wollen die Verschwörer mit einem furchtbaren Terroranschlag verhindern… In Ostasien war die bis dahin 20-teilige Serie „Ailiseu“ 2009 ein Hit. Der gut aussehende, heftig abgespeckte Film besteht nur noch aus recht soliden Actionsequenzen, einem Minimum an Plot-Erklärung und einigen verwirrenden Rückblenden, die uns hinsichtlich der Figuren und ihrer Beziehungen auch nicht viel schlauer machen.
2025-07-18 02:05:00
Kate Beckinsale spielt in dieser Jane-Austen-Adaption eine Witwe, die in den 1790er-Jahren den Ruf genießt, die größte Verführerin in ganz England zu sein. Nachdem die verwitwete Lady Susan Vernon (Beckinsale) allzu heftig mit dem verheirateten Mr. Manwaring geflirtet hat, muss sie dessen Anwesen übereilt verlassen. Eine neue Bleibe findet sie auf Churchill, dem Landsitz ihres Schwagers Charles (Justin Edwards) und seiner Frau Catherine (Emma Greenwell). Während die intrigante Susan ihre Tochter Frederica (Morfydd Clark) mit dem ebenso reichen wie einfältigen Sir James Martin (Tom Bennett) verkuppeln will, bricht sie Catherines jüngerem Bruder Reginald DeCourcy (Xavier Samuel) das Herz… „Love & Friendship“ zählte zu den ersten literarischen Fingerübungen der damals 15-jährigen Jane Austen. Die Vorlage für den gleichnamigen Kinofilm lieferte allerdings der Briefroman „Lady Susan“, der vermutlich vier Jahre später entstand. Der US-Indie-Regisseur Whit Stillman, der sich in den 1990er-Jahren mit Filmen wie „Metropolitan“, „Barcelona“ und „The Last Days of Disco“ einen exzellenten Ruf als Chronist einer Ära und ihrer Sitten erarbeitet hatte, gelang mit seinem jüngsten Werk ein kleines, scharfzüngig-intelligentes Meisterwerk. Der u. a. von Arte mitproduzierte Film kostete nur 3 Millionen Dollar, entstand in Irland und spielte weltweit immerhin knapp 20 Millionen Dollar ein.
2025-07-18 03:35:00
Männerprobleme und Gefühlschaos zum Dritten: Renée Zellweger schlüpft noch einmal in ihre erfolgreichste Rolle. Aus Bridgets Tagebuch ist mittlerweile ein iPad geworden. Ansonsten ist alles so vertraut, als wäre sie erst gestern die Feuerwehrstange runtergerutscht. Miss Jones ist gerade süße 43 geworden, hat es in London zur viel beschäftigten TV-Nachrichten-Produzentin gebracht, steht jedoch immer noch allein da. Da überschlagen sich plötzlich die Hormone. Innerhalb einer Woche hat sie gleich zwei aufregende One-Night-Stands – mit ihrer Langzeitflamme Mark Darcy und mit dem millionenschweren Amerikaner Jack, den sie auf einem Musikfestival kennenlernt. Und bei beiden Gelegenheiten hat sie nur eine zerknautschte Packung veganer Kondome dabei. Die Folge: Bridget ist schwanger! Nur wer ist der Vater? Mit starken Pointen, frechen Seitenhieben und viel Gefühl inszeniert. Und wenn’s doch mal zu klamaukig oder kitschig wird, kommt jedes Mal ein ironischer Klaps oder eine echte Überraschung wie Ed Sheeran als Gaststar um die Ecke. Ein Riesenspaß.
2025-07-18 05:35:00
Nach der Geburt wurden die Söhne zweier Familien vertauscht. „Jetzt ergibt alles einen Sinn“, sagt der ehrgeizige Architekt Ryota (Masaharu Fukuyama), nachdem er und seine Frau Midori (Machiko Ono) erfahren haben, dass ihr sechsjähriger Sohn Keita als Baby im Krankenhaus vertauscht wurde. Kein Wunder, dass der Kleine auch weniger liebenswerte Eigenschaften besitzt! Auf der Fahrt zum ersten Treffen ins Dorf der leiblichen Eltern, dem schluffigen Ladenbesitzer Yudai (Lily Franky) und seiner Frau Yukari (Yoko Maki), folgt die Kamera endlos einer Kurve und gibt uns ein Gefühl dafür, welche Fliehkräfte hier wirken, und wie das Paar aus der Bahn geworfen wird… Vertauschte Kinder, unterschiedliche Milieus – das Motiv ist alt, selten wurde es so klug und berührend in Szene gesetzt. Für seinen wunderschönen und unaufgeregten Film „Like Father, Like Son“ über Vatersein, Erwartungshaltungen, Sozialisation und Biologie erhielt Regisseur Hirokazu Koreeda („I Wish“) in Cannes den Jurypreis.
2025-07-18 07:35:00
…ist der Deckname einer Hobbyprostituierten: Catherine Deneuve in einem legendären Erotikdrama von Luis Buñuel („Der andalusische Hund“). Es fehlt etwas im Leben der Arztgattin Séverine (Catherine Deneuve), und sado-masochistische Tagträume füllen diese Lücke. Durch Monsieur Husson (Michel Piccoli) erfährt sie vom diskret geführten Etablissement der Madame Anais (Geneviève Page). Ab sofort erfüllt Séverine tagsüber die Wünsche der Freier, abends ist sie ihrem Pierre (Jean Sorel) die perfekte Ehefrau. Ihr Doppelleben wird gefährlich, als ein eifersüchtiger Kleingangster die kühle Blonde für sich allein beansprucht und sie aus dem Bordell herausholen will… Der große Kino-Surrealist Buñuel lässt auch hier Traum und Wirklichkeit nahtlos ineinander übergehen. Seine Attacke auf großbürgerliche Verlogenheiten erhielt in Venedig den Goldenen Löwen.
2025-07-18 09:15:00
Schachgenie Bobby Fischer (Tobey Maguire) tritt im Kalten Krieg gegen den Russen Boris Spasski an. Mit nur 14 wird Bobby Fischer zum jüngsten Großmeister in der Geschichte des Schachspiels. Anschließend verkündet das ehrgeizige Genie: „Ich will gegen die Russen spielen. Sie sind die Besten der Welt, und ich werde sie schlagen.“ Doch erst 15 Jahre später kommt es zu jenem legendären Duell, das die Welt auf ähnliche Weise elektrisiert wie die Boxkämpfe zwischen Muhammad Ali und Joe Frazier. Bei der Schachweltmeisterschaft 1972 treffen sich die Erzrivalen Fischer und Boris Spasski (großartig: Tobey Maguire und Liev Schreiber) in Reykjavík zum Match des Jahrhunderts… Mit subtiler Spannung schildert Regisseur Edward Zwick den Kalten Krieg auf dem Schachbrett. Doch sein Film ist auch das fesselnde Psychogramm eines Wunderknaben zwischen Genie und Wahnsinn. Fischer, dessen Mutter als Kommunistin vom FBI überwacht wurde, war nicht nur ein unberechenbarer Exzentriker, dessen Eskapaden regelmäßig für Schlagzeilen sorgten. Er hatte auch das Gefühl, verfolgt zu werden. Unbegründet war diese Paranoia nicht. Vieles sprach dafür, dass Fischers Manager (Michael Stuhlbarg) im Auftrag der US-Regierung handelte, der die sowjetische Vorherrschaft im Schach ein Dorn im Auge war.
2025-07-18 11:10:00
Der 14-jährige Bobby wird auf seinem Weg des Erwachsenwerdens mit allerhand Problemen konfrontiert. Der übergewichtige Bobby (Blake Cooper, „Maze Runner“) verbringt die Sommerferien mit seinen Eltern auf dem Land, wo er von den Halbstarken des Orts schikaniert wird. Der reiche Pensionär Dr. Kahn (Donald Sutherland), der ihm einen Ferienjob gibt, ermutigt ihn, sich gegen die Anfeindungen zu behaupten. Einfühlsam und unaufdringlich erzählte Coming-of- Age-Geschichte.
2025-07-18 12:50:00
Eine englische Buchautorin hilft dabei, die Wunden der Besatzungszeit zu heilen. Der Zweite Weltkrieg ist gerade vorbei, als die Londoner Schriftstellerin Juliet Ashton („Cinderella“-Darstellerin Lily James) einen Brief erhält, der von einem Bauern auf der Kanalinsel Guernsey geschrieben wurde. Dawsey Adams (Michiel Huisman, „Game of Thrones“) ist Mitglied der „Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf“, eines Buchclubs, der während der deutschen Besatzungszeit gegründet wurde. Juliet ist wie elektrisiert, waren die Bewohner der Kanalinseln doch die einzigen Engländer, die mit dem Feind zusammenleben mussten. Juliet macht sich auf den Weg nach Guernsey, um das Geheimnis des Kartoffelschalenauflaufs zu lüften. „Deine Juliet“ ist die Verfilmung eines Briefromans von Mary Ann Shaffer und Annie Barrows. Mike Newell („Vier Hochzeiten und ein Todesfall“) ist es gelungen, die starre Form der Romanvorlage in eine lebendige Filmhandlung zu übertragen. Die Inszenierung ist zwar etwas glatt ausgefallen, doch die Geschichte geht trotzdem zu Herzen. Ein echtes Feel-good-Movie mit Tiefgang.
2025-07-18 14:50:00
Trickfantasy vom Niederländer Michael Dudok de Wit und Japans Trickschmiede Ghibli. Ein gewaltiger Sturm spült einen Schiffbrüchigen auf eine Insel. Nach einer nicht ganz ungefährlichen Erkundung ist klar: Weitere Zweibeiner gibt’s hier nicht. Aus einem Bambuswald besorgt er sich Holz, baut ein Floß und sticht in See. Doch eine rätselhafte Kraft attackiert und zerstört sein Werk. Nach zwei weiteren gescheiterten Versuchen entpuppt sich der Angreifer als eine rote Schildkröte. Als die eines Tages an den Strand gespült wird, lässt der Mann seine Wut an ihr aus… Das Langfilmdebüt von Dudok de Wit, 2001 Oscar-prämiert für seinen Kurzfilm „Father and Daughter“, ist eine minimalistische, optisch brillante Parabel auf den Kreislauf des Lebens. Ein stilles, kontemplatives Meisterwerk, in dem nur die leicht pathetische Musik nervt.
2025-07-18 16:10:00
Tilda Swinton setzt mit einer leidenschaftlichen Affäre ihr Luxusleben aufs Spiel. Durch die Villa der Familie Recchi in Mailand schwirrt das Personal. Hier wohnt Firmenerbe Tancredi (Pippo Delbono) mit seiner russischen Ehefrau Emma (Swinton). Ihre drei Kinder sind längst erwachsen, pflegen zu den Eltern aber ein inniges Verhältnis. Elisabetta (Alba Rohrwacher) hat ihrer Mutter gerade gebeichtet, dass sie lesbisch ist – Emma nimmt es gelassen. Die Söhne Edoardo (Flavio Parenti), genannt Edo, und Gianluca (Mattia Zaccaro) arbeiten im familieneigenen Textilkonzern. Da lernt Emma den Koch Antonio (Edoardo Gabbriellini) kennen, einen Freund von Edo. Er verführt sie erst mit erlesenen Speisen und dann in seinem Landhaus. Die Affäre hat dramatische Folgen… Wie Emma sich fast schlafwandlerisch durch einen Alltag aus Dinnerpartys und Besuchen ihrer Kinder bewegt und dann von der Leidenschaft hinweggefegt wird, hat Luca Guadagnino („Call Me by Your Name“) kunstvoll-betörend umgesetzt. Die Kamera von Yorick Le Saux setzt auffällige Lichtakzente (z. B. in der „Erweckungsszene“ im Restaurant), gleitet elegant durch Räume und über Objekte und inszeniert einen sexuellen Höhepunkt als meisterhafte Symphonie aus Licht, Musik (von John Adams) und Natursymbolik. Elf Jahre arbeiteten Guadagnino und Swinton an dem makellosen Film, der von der zerstörerischen Kraft der Liebe erzählt, aber auch dafür plädiert, eigene Grenzen zu überwinden.
2025-07-18 18:05:00
Julia Roberts deckt einen Ökoskandal auf. Drama nach einer wahren Geschichte. Einst war sie „Miss Wichita“, heute ist sie alleinerziehende Mutter dreier Kinder und arbeitslos. Doch Erin Brockovich (Julia Roberts) ist nicht auf den Mund gefallen. Mit Chuzpe ergattert sie einen Job in der Kanzlei des schmierigen Anwalts Ed Masry (Albert Finney) und stößt auf einen brisanten Fall: Der Energiekonzern „Pacific Gas and Electric“ (PG&E) verseucht das ganze Grundwasser eines kalifornischen Wüstenstädtchens. Viele Menschen sind bereits an Krebs erkrankt. Nach hartnäckiger Recherche prangert Erin den Ökoskandal an und tritt eine Lawine los… Steven Soderbergh („Traffic“) verschaffte der ewigen „Pretty Woman“ einen nachhaltigen Imagewechsel. Roberts liefert eine so überzeugende Vorstellung, dass sie dafür den Oscar kassierte. Die reale Erin Brockovich hat einen Gastauftritt als Kellnerin.
2025-07-18 20:15:00
Komödie von Woody Allen um eitle Autoren und kreative Killer. Um sein Theaterstück zu finanzieren, schließt Autor David (John Cusack) mit dem Mafioso Nick ein Geschäft ab: Er bekommt Geld, Nicks Geliebte Olive (Jennifer Tilly) die Hauptrolle. Leider klingt deren Stimme wie ein rostiges Schild im Wind. Zudem krittelt ihr Bodyguard (Chazz Palminteri) ständig am Text herum… Einen Oscar erhielt Dianne Wiest für ihre Darstellung der Diva Helen.
2025-07-18 21:50:00
Chemiker und SS-Mann Kurt Gerstein arbeitet 1943 als Hygienespezialist für die Nazis. Entsetzt sieht der gläubige Christ, wozu sein Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B in den Konzentrationslagern verwendet wird. Während er weiter die Befehle befolgt, versucht er heimlich, die katholische Kirche über die Judenvernichtung zu informieren. Doch er stößt auf taube Ohren. Nur Jesuit Riccardo macht sich bei Papst Pius XII. für sein Anliegen stark. Aber auch Riccardo bittet den Heiligen Vater vergeblich. Für Juden fühlt sich die katholische Kirche nicht zuständig… Politregisseur Costa-Gavras („Z“, „Der unsichtbare Aufstand“) verzichtet auf cineastische Experimente und stellt die Botschaft von Rolf Hochhuths gleichnamigem Bühnenstück in den Vordergrund. Kurt Gerstein ist historisch verbürgt, die anderen Personen sind fiktiv. Der Vatikan stellt sich seiner Rolle im Nationalsozialismus nur zögerlich. 2003 wurden Teile des Archivs veröffentlicht – aber nur bis 1939. Die Zeit des Zweiten Weltkriegs unter dem Pontifikat von Pius XII. blieb bis 2020 unter Verschluss. Dessen Umgang mit der Judenverfolgung ist bis heute umstritten.
2025-07-19 00:00:00
Einfach widerlich: Der üble Sadosplatter geht in die fünfte Runde. Jigsaw (Tobin Bell) ist tot, aber die sadistischen Todesspiele wollen nicht enden. Denn der Foltermeister hat sein Erbe rechtzeitig geregelt und FBI-Agent Hoffman (Costas Mandylor) zum Nachfolger auserkoren. Der Grund: Hoffman hatte einst in Jigsaw-Manier den Mörder seiner Schwester gerichtet. Der misstrauische Detective Strahm (Scott Patterson), der selbst einer perfiden Todesfalle nur mithilfe eines Luftröhrenschnitts entkommen konnte, nimmt Hoffman ins Visier. Während er nach Beweisen gegen den Kollegen sucht, erwachen fünf Menschen in einem düsteren Loch, angekettet an Drahtseile. Ein blutiger Überlebenskampf beginnt… Drei parallele Handlungsstränge und Rückblenden, aber anspruchsvoll ist dieser Todesparcours deshalb nicht, nur öde und völlig krank.
2025-07-19 01:30:00
… auf Bullen und Bürger treibt Vorstadtjungs aus Paris an. Ein Polizist prügelt in der Pariser Vorstadt den Araber Abdel Ichaha ins Koma. Daraufhin liefern sich Jugendliche und Beamte bis in den frühen Morgen eine Straßenschlacht. Vinz (Vincent Cassel) ergattert eine Bullenwaffe und will „die Bilanz ausgleichen“. Erst mal zieht er aber mit dem reizbaren Araber Saïd (Saïd Taghmaoui) und dem schwarzen Boxer Hubert (Hubert Koundé) durch die Stadt. Der Trip der drei endet bitter… Mathieu Kassovitz („Babylon A. D.“, „Die purpurnen Flüsse“) drehte eine 24-Stunden-Chronik über die Trostlosigkeit der Banlieue in Anlehnung an ein reales Ereignis: 1993 erschoss ein Polizist auf einem Polizeirevier einen 16-jährigen Zairer, der mit Handschellen an einen Heizkörper gefesselt war. Die daraufhin ausbrechenden Krawalle bilden den Auftakt des Films, der nichts an Brisanz eingebüßt hat.
2025-07-19 03:05:00
Ein Todeskleid bringt Unheil: Das hätten sich David Lynch, Dario Argento & Monty Python nicht schöner ausdenken können. Frisch geschieden und durch die neue Freundin ihres Sohnes stark eingeschüchtert, will sich Sheila einfach mal etwas gönnen. Zum Beispiel das wunderschöne rote Kleid, das im Ausverkauf ihres Kaufhauses angeboten wird. Doch kaum hat die Mama das wallende Gewand getragen, geschehen merkwürdige Dinge. Ihre Waschmaschine geht kaputt, ein Schäferhund attackiert sie grundlos. Sie will das Kleid zurückgeben, doch die Verkäufer weisen sie nur freundlich ab. Wenig später landet das offenbar verfluchte Kleid beim Waschmaschinenreparateur Reg, der die Fähigkeit hat, Menschen durch sein Gerede in Trance zu versetzen. Auch ihm und seinem Umfeld bringt das Kleid kein Glück… Weniger eine Hommage an den Horrorklassiker „Suspiria“ von Dario Argento als vielmehr dessen wunderschöne, filmästhetische Matrjoschka-Version. Die stark stilisierten Bilder enthüllen erst nach und nach ihre mysteriöse Wellenlänge. Regisseur und Autor Peter Strickland wagt den riskanten Drahtseilakt aus Komödie und Terror, fast jede Szene ist so skurril-amüsant wie grausam-verstörend. Dieser Film ist ein Werk der Bilder und Assoziationen, vergleichbar mit den schrägsten Meisterwerken von David Lynch, und taucht irgendwann gänzlich ins Surreale ab. Antworten braucht sich der Zuschauer also nicht zu erhoffen, zu sagen hat „Das blutrote Kleid“ aber einiges: über eine globalisierte Konsumkultur, in der Luxusgüter auf obszöne Weise fetischisiert werden.
2025-07-19 05:00:00
Liebesepos nach dem Roman von Ian McEwan. England, 1935: Großbürgertochter Cecilia (Keira Knightley) und Robbie (James McAvoy), Sohn der Haushälterin, haben sich heftig ineinander verliebt. Durch Missverständnisse, aber auch aus Eifersucht, setzt Cecilias 13-jährige Schwester Briony (Saoirse Ronan, Oscar-nominiert für „Lady Bird“) eine fatale Entwicklung in Gang, die zwei Menschen ins Unglück stürzt. Noch Jahrzehnte später, als Briony längst eine berühmte Autorin (nun gespielt von Vanessa Redgrave) ist, bereut sie ihren Fehler… Regisseur Joe Wright („Die dunkelste Stunde“) setzt McEwans Meditation über die Macht der Fantasie als Gefühlsepos von atemberaubender Bildgewalt um. Mit Keira Knightley arbeitete Wright in „Stolz & Vorurteil“ und „Anna Karenina“. Saoirse Ronan, hier bereits Oscar-nominiert, besetzte er 2011 auch in „Wer ist Hanna?
2025-07-19 07:00:00
Polizist Sean Penn gerät in einen brutalen New Yorker Bandenkrieg. Das Iren-Viertel von Manhattan heißt nicht umsonst Hell’s Kitchen. Nach zehn Jahren kehrt der Ex-Kriminelle Terry (Sean Penn) als verdeckter Ermittler in seine Heimat zurück. Im Viertel haben inzwischen Yuppies und die Mafia das Sagen. Sein Jugendfreund Jackie (Gary Oldman) ist zum drogensüchtigen Psychopathen mutiert, dessen Bruder Frankie (Ed Harris) hat als eiskalter Gangsterboss Karriere gemacht. Zum Schein schließt sich Terry ihnen an. Aber die Entscheidung zwischen Job und Kumpel fällt Terry schwer. Und da ist auch noch Jackies Schwester Kathleen (Robin Wright, Penns Frau von 1996 bis 2010)… Die Geschichte basiert auf Tatsachen. In den Achtzigerjahren verbündeten sich irische Banden mit der Mafia. Die exzellenten Darsteller und die Musik von Ennio Morricone geben der exakt gezeichneten, harten Milieuschilderung den passenden Rahmen.
2025-07-19 09:10:00
Die Spuren eines Mords führen Cop Kurt Russell direkt ins Präsidium. Der Copthriller nach James Ellroy zeigt die dunkle Seite der Polizei. Vor dem Hintergrund der Rassenunruhen 1992 in Los Angeles macht Detective Eldon Perry (Kurt Russell) die Drecksarbeit für seine Vorgesetzten. Als der harte Cop und sein kreuzbraver Partner Keough (Scott Speedman) einen vierfachen Mord aufklären sollen, führt die Spur ins Polizeipräsidium. Aus falscher Loyalität verstrickt sich Perry in Korruption und Lynchjustiz… Der packende Film über das zerbröselnde Wertesystem einer korrupt gewordenen Gesellschaft und seine Auswirkungen auf die Polizei entstand nach der Vorlage des Kriminalautors James Ellroy („L. A. Confidential“) und markiert den erstaunlichen Disziplinwechsel des für Sportfilme wie „Annies Männer“ geschätzten Regisseurs Ron Shelton. Sein Zynismus überrascht.
2025-07-19 11:05:00
Eine schöne Violinistin spielt mit den Gefühlen zweier Freunde. Zwei alte Freunde betreiben gemeinsam ein Geigenbauatelier: Der extrovertierte Maxime (André Dussollier) kümmert sich um den kaufmännischen Teil und verhandelt mit den Kunden, die er häufig mit seinem freundlich-charmanten Wesen einzunehmen versteht. Der introvertierte Stéphane (Daniel Auteuil) dagegen wirkt nicht selten verschlossen und spröde. Er ist der Handwerker im Unternehmen. Erst die Violinistin Camille (Emmanuelle Béart) hebt ihr geordnetes Leben aus den Angeln: Während Maxime die schöne Musikerin umschwärmt, verliert der scheue Stéphane tatsächlich sein Herz – bleibt aber reserviert… Regisseur Sautet gewann für das (Versteck-)Spiel der Gefühle einen César. Seit seinen Arbeiten mit Romy Schneider (u. a. „Das Mädchen und der Kommissar“) galt er als feinfühliger Beobachter des Zwischenmenschlichen.
2025-07-19 12:50:00
In einer Londoner Hochhaussiedlung wohnt die Tristesse. Familiendrama von Mike Leigh. Phil (Timothy Spall) und Penny (Lesley Manville) führen ein freudloses Leben in einer bedrückenden Hochhaussiedlung im Süden Londons. Die Liebe ist ihnen schon lange abhanden gekommen, einzige Abwechslung ist der Gang in die Kneipe. Der schweigsame Phil schläft morgens lange und fährt dann Taxi. Penny jobbt im Supermarkt, Tochter Rachel (Alison Garland) putzt im Altersheim. Der übergewichtige Sohn Rory (James Corden) ist ein Couchpotato, der selbst beim Essen nur Augen für die Glotze hat. Eines Tages bricht er zusammen. Der Schock rüttelt Phil wach… Typisch Mike Leigh: ein scharfer Blick für soziale und menschliche Realitäten, Tragik, Komik und viel Mitgefühl. Ein halbes Jahr lang entwickelt er mit seinen Darstellern die Figuren. Erst dann wird gedreht - und dabei weit gehend frei improvisiert.
2025-07-19 14:55:00
Diagnose Krebs! Ein Pariser Liebespaar gibt im Kampf um sein Kind der Trauer keinen Platz und bleibt heldenhaft stark. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Als sich Roméo (Jérémie El-kaïm) und Juliette (Valérie Donzelli) einander vorstellen, unken sie im Scherz, dass sie wohl ein furchtbares Schicksal erwartet. Ein Jahr später steht das glückliche Paar tatsächlich vor einer harten Bewährungsprobe: Söhnchen Adam hat einen Tumor im Gehirn. Doch statt in Hysterie zu verfallen und sich in deprimierenden Hypothesen zu verlieren, beschließen beide, nur das Positive zu sehen und für den Augenblick zu leben… Schauspielerin und Regisseurin Valérie Donzelli und ihr Ex-Lebensgefährte Elkaïm treffen mit ihrer eigenen Geschichte mitten ins Herz: Die Vielfalt der stilistischen Mittel, das Verspielte und die häufigen Stimmungswechsel – all das erinnert an Truffaut und die Klassiker der Nouvelle Vague. Die Kombination aus authentischer Lebensnähe und kunstvoller Gestaltung macht diese „Kriegserklärung“, so der Originaltitel von Frankreichs Oscar-Anwärter als Bester Fremdsprachiger Film 2012, zu einem mitreißenden Erlebnis.
2025-07-19 16:35:00
Weltstar Romy Schneider trifft „Stern“Reporter. Ergebnis: ein legendäres Interview. „Sie sind ein öffentliches Ärgernis“, eröffnet Michael Jürgs (Robert Gwisdek) das Gespräch. Ein Reporter, wie eine Planierwalze. Romy Schneider (Marie Bäumer) entgegnet: „Ich bin eine unglückliche Frau von 42“, die sich ein normales Leben wünscht. Vielleicht hat sich die gefeierte und gejagte Schauspielerin niemals so offen und verletzlich gezeigt wie in dem Interview, das 1981 in einem Hotel des bretonischen Küstenorts Quiberon stattfindet. Dabei sind Romys Vertraute Hilde (Birgit Minichmayr) und Fotograf Lebeck (Charly Hübner). Drei Tage werden sie reden und feiern und weinen… Und uns offenbart sich in diesem tieffühlenden, ganz großartig gespielten und vielfach ausgezeichneten Drama der Mensch hinter der „Inszenierung Romy“.
2025-07-19 18:30:00
Die französische Astronautin Sarah will als erste Frau den Mars erforschen und wird in wenigen Wochen ins All aufbrechen. Für die alleinerziehende Mutter geht damit ein Lebenstraum in Erfüllung. Mit den zwei anderen Crewmitgliedern bereitet sie sich auf die einjährige Weltraummission vor. Ihr Ex-Partner Thomas wird sich in den kommenden Monaten um Tochter Stella kümmern. Sarah hat zwar gelernt, in Extremsituationen perfekt zu funktionieren, doch die bevorstehende Trennung von ihrer Tochter stellt sie vor eine Zerreißprobe. Die unterkühlten Bilder stehen in einem irritierenden Kontrast zu den emotionalen Erschütterungen. Dies mündet schließlich in einem Finale von großer erzählerischer Kraft, das lange im Gedächtnis bleibt.
2025-07-19 20:15:00
In Scorseses Romanverfilmung durchlebt Leonardo DiCaprio einen Psychothriller-Albtraum. Boston, 1954. Auf einer Insel vor der Küste sollen US-Marshal Teddy Daniels (DiCaprio) und sein neuer Partner Chuck (Mark Ruffalo) im streng bewachten Ashecliffe Hospital für psychisch kranke Straftäter das rätselhafte Verschwinden einer Kindermörderin aufklären. Trotz eines über die Insel ziehenden Sturms und gegen den Widerstand des Anstaltsleiters Cawley (Ben Kingsley) geht Teddy immer mysteriöser werdenden Hinweisen nach. Aber je tiefer er in die menschlichen Abgründe der Insassen eintaucht, desto mehr hat er das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren… Wer die gleichnamige Romanvorlage von Dennis Lehane nicht kennt, wird vom finalen Twist ebenso überrascht sein wie von der meisterlich inszenierten Atmosphäre dieser sehr akkuraten Adaption. Mit wabernden Nebelschwaden und anderen klassischen Gruselfilmstilmitteln erzeugt Martin Scorsese eine verblüffende Künstlichkeit, die rückblickend – und das ist der grandiose Clou des Films – völlig plausibel wird.
2025-07-19 22:30:00
Drama.Willem Dafoe und Charlotte Gainsbourg begeben sich auf einen verstörenden Psychotrip. Ein namenloses Paar – er Psychotherapeut, sie Hausfrau – will den tragischen Unfalltod seines kleinen Sohnes verarbeiten, indem es eine Auszeit in einer einsamen Waldhütte nimmt. Er versucht seine tief traumatisierte Frau selbst zu therapieren und konfrontiert sie mit ihren Ängsten. Doch dann mutiert sie zu einer unberechenbaren Furie, gefangen zwischen sexuellem Wahn und menschenverachtender Brutalität. Und dieser Urgewalt ist kein Mann gewachsen… Das dunkle, diabolische Kammerspiel ist nichts für Zartbesaitete! Anstatt auf die Überzeugungskraft seiner Darsteller zu setzen, wie er das in seinem gefeierten Weltuntergangsdrama „Melancholia“ tat, provoziert der dänische Avantgarderegisseur Lars von Trier ganz bewusst mit der unheimlichen Sogwirkung hypnotischer Bilder und psychotisch-pornografischen Sequenzen. Mutige Zuschauern, die auch dem extrem verstörenden „Höhepunkt“ trotzen können, erleben jedoch ein faszinierendes Werk voller Interpretationsmöglichkeiten, das den Begriff „Filmkunst“ voll auslotet.
2025-07-20 00:15:00
Ein abgebranntes Pärchen geht auf Mördertour. Die sexbesessene Teilzeithure Liza (AnnaLynne McCord, „Excision“) und Gelegenheitsjobber Chip (Matthew Gray Gubler) hausen in einem schmuddeligen Trailerpark. Als Liza von ihrem perversen Bruder zwei Knarren abstaubt, erwacht ihre kriminelle Energie. Zuerst soll Lizas Sugardaddy ausgeraubt werden, denn der hat 68 000 Dollar im Safe. Chip zögert überfordert, doch die heiße Liza hat einen todsicheren Plan… Ein wenig schlaues Pärchen fasst einen oberschlauen Plan – was soll schiefgehen? Gewiefte Filmgucker ahnen: so gut wie alles! Die wilde Flucht türmt ein blutiges Desaster aufs nächste und versucht erst gar nicht, intellektuell auf dicke Hose zu machen. Böser Spaß mit Sheila Vand („A Girl Walks Home Alone at Night“) und Alisha Boe („Tote Mädchen lügen nicht“).
2025-07-20 01:50:00
Verloren in der Wüste… Zweipersonenstück von Independent-Filmer Gus Van Sant. Samuel Beckett lässt grüßen: Zwei Typen, die beide Gerry heißen (Matt Damon und Casey Affleck), wandern ohne Plan und Ziel durch die Wüste – und verlaufen sich. Anfangs scherzen sie noch, doch dann wird ihnen der Ernst der Lage bewusst… Mit diesem, an absurdes Theater erinnernden Antiplot meldet sich Regisseur Gus Van Sant („Drugstore Cowboy“) wieder als Abweichler vom glatten US-Mainstream zu Wort. Wer geglaubt hatte, Van Sant habe mit „Good Will Hunting“ und „Finding Forrester“ seinen Frieden mit Hollywood geschlossen, sieht sich nun angenehm überrascht. Die meiste Zeit passiert praktisch nichts. Die Helden reden wenig, der Tag vergeht, und die Nacht bricht an.